Verrazzano Narrows Bridge

New York / USA

Verrazzano Narrows Bridge
Die Verrazzano Narrows Bridge mit Staten Island im Hintergrund

Der Bau der Verrazzano Narrows Bridge zwischen Brooklyn und Staten Island bildet den Abschluss und Höhepunkt der einzigartigen Karriere des aus der Schweiz stammenden Brückenbauers Othmar Hermann Ammann.

Am 17. April 1524 segelte ein italienischer Kapitän unter französischer Flagge als erster Europäer in die Mündung des Hudson River, die Bucht, die heute den Hafen von New York bildet. Sein Name war Giovanni da Verrazzano und die Engstelle (Narrows) an der er vor Anker ging, sollte eines Tages seinen Namen tragen. Aber noch eine weitere Ehre wurde dem Entdecker zuteil: etwa 440 Jahre später entstand genau an dieser Stelle die größte Brücke der Welt und wurde ebenfalls nach ihm benannt. Inzwischen gibt es mindestens zwei weitere Brücken, die nach Giovanni da Verrazzano benannt wurden. Die größte Brücke der Welt ist sie schon längst nicht mehr, aber immerhin noch die größte Hängebrücke der Vereinigten Staaten.


Erste Pläne für die Querung der Engstelle

Die Mündung des Hudson bildet an der Verrazzano Narrows, die an der engsten Stelle eine Breite von ca. 1,6 km hat, sozusagen das Einfahrtstor zum New Yorker Hafen. Unzählige europäische Auswanderer haben im Laufe der Jahrhunderte auf ihren Schiffen diese Engstelle passiert, bevor sie - nach wochenlanger Seereise - endlich die Freiheitsstatue erblickten. Durch die Geschäftigkeit des Hafens entwickelte sich die Verrazzano Narrows in den 1960er Jahren zur meistbefahrenen Wasserstraße der Welt.

Vor dem Bau der "VNB" gab es mit der George Washington Bridge erst eine Hudsonbrücke in New York. Sie wurde 1931 ebenfalls unter maßgeblicher Mitwirkung von Othmar Ammann errichtet, befindet sich aber ca. 30 km weiter stromaufwärts. Das hätte einen enormen Umweg bedeutet, wenn man nicht bereit gewesen wäre, mit einer Fähre vorlieb zu nehmen oder einen der beiden schon vorhandenen Tunnel (Holland Tunnel, 1920 und Lincoln Tunnel, 1937) zu benutzen. Für manche Menschen ist es aber ein Problem durch einen Tunnel zu fahren und Unfälle mit Bränden und Rauchentwicklung sind in Tunneln schwer beherrschbar.

Giovanni da Verrazzano

Portrait Giovanni da Verrazzano

Giovanni da Verrazzano war der erste Europäer, der die amerikanische Ostküste im Bereich der heutigen USA erkundete. Er segelte im Auftrag des französischen Königs, um eine Passage vom Atlantik zur amerikanischen Westküste zu finden. Seine Expedition verlief etwa vom Cape Fear (North Carolina) bis zur Küste von Nova Scotia.

Am 17. April 1524 entdeckte er die Mündung des Hudson River und ging hier vor Anker. Der Standort der Verrazzano Narrows Brücke dürfte sich ziemlich genau an dieser Stelle befinden. Obwohl er der Entdecker des Hudson war, wurde der Fluss nicht nach ihm benannt, sondern nach dem britischen Seefahrer Henry Hudson, der erst 85 Jahre später den Flusslauf weiter stromauf erkundete. In der "Upper Bay" befinden sich heute der Hafen von New York, Ellis Island und die Freiheitsstatue.

Verrazzano stammte ursprünglich aus der Toskana. Sein Familiensitz Castello di Verrazzano liegt ungefähr 20 km südlich von Florenz. Das Anwesen ist heute Sitz eines Weinguts.

Um das Ende des Entdeckers ranken sich gleich mehrere abenteuerliche Legenden: nach einer Version soll er auf den kleinen Antillen von Kannibalen verspeist worden sein. Nach anderer Auffassung endete Verrazzano angeblich wegen Piraterie an einem Galgen im andalusischen Cádiz. Sicher ist wohl nur, dass er 1828, im Alter von 43 Jahren das Zeitliche segnete.

Bereits 1888 plante die Baltimore & Ohio Eisenbahngesellschaft die Narrows für ihr Streckennetz mit einem Tunnel zu queren. Zum damaligen Zeitpunkt lag eine Brücke mit einer solchen Spannweite außerhalb der realistischen Möglichkeiten. Wegen des regen Schiffsverkehrs in der Hafeneinfahrt kamen aber auch Stützpfeiler allenfalls in direkter Ufernähe infrage. Letztlich scheiterte das Eisenbahntunnel-Projekt aber an der unsicheren Finanzierung.

Genau 25 Jahre später begann Henry Ford mit der Massenproduktion des ersten Automobils ("Tin Lizzy") und verschob dadurch auch die politische Bedeutung von Straßen und Schienen. Schon bald beherrschten die motorbetriebenen Fahrzeuge das Straßenbild von New York, und nun rückte auch die Notwendigkeit einer Straßenverbindung über die Verrazzano Narrows in das politische Bewusstsein. Der erste Vorschlag für eine Straßenbrücke kam von Othmar Ammanns großem, lebenslangen Rivalen, David B. Steinman. Dieser schlug bereits 1929 bei einer Rede vor dem Amerikanischen Institut für Stahlbau vor, die Meerenge mit einer Hängebrücke zu überspannen. Das unter dem Arbeitstitel "Liberty Bridge" laufende Projekt sah eine Spannweite von 1.408 m vor und wäre somit ein echter Quantensprung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war Ralph Modjeskis Delaware River Bridge, Sie wurde 1955 in 'Benjamin-Franklin Bridge' umbenannt zwischen Philadelphia und Camden, mit einer vergleichsweise bescheidenen Spannweite von 534 m die größte Brücke der Welt.


Ammann & Whitney erhalten den Auftrag

Steinman setzte sich auf allen Ebenen für diese rekordverdächtige Projekt ein und hätte sein Ziel auch beinahe erreicht. Nur ein einziger einflussreicher Abgeordneter verhinderte die entscheidende Abstimmung, weil er nicht wollte, dass die Brücke von einer privaten Gesellschaft, mit der Absicht Gewinne zu erzielen, gebaut würde. So kam es, dass die erste Brückenplanung wieder in den Schubladen verschwand. Danach wandte man sich zunächst wieder der Tunnellösung zu, musste aber wegen der einsetzenden "Great Depression", die über zehn Jahre lang andauern sollte, vorerst alle Planungen auf Eis legen.

Erst Mitte der 1940er Jahre griff Robert Moses, der Direktor der Triborough Bridge and Tunnel Authority (TBA), die Tunnelidee wieder auf. Er musste allerdings feststellen, dass die Preise für einen zweispurigen Tunnel inzwischen deutlich höher waren als für eine 12-spurige Hängebrücke. Trotzdem gab es Widerstand gegen die Brücke, z.B. von Seiten des Militärs. Dessen Befürchtung war, dass eine Brücke bei einem militärischen Konflikt zerstört werden könnte und die Trümmer dann monatelang die Zufahrt zum Hafen versperren würden. Letzten Endes vereinfachte das 'Killerargument' der Kosten die Entscheidung aber doch, und Moses konnte die langwierigen Genehmigungsverfahren in Gang setzen.

Den Auftrag für die Entwurfsaufstellung erhielt das international tätige Ingenieurbüro Ammann & Whitney. Othmar H. Ammann genoss bei den Behörden einen glänzenden Ruf, denn er hatte als Direktor der New Yorker Hafenbehörde u.a. beim Bau der Bronx-Whitestone-, Queensboro- und der Bayonnebrücke, sowie des Lincolntunnels selbst mitgewirkt. Er war somit ein hervorragender Kenner der örtlichen Gegebenheiten aber auch der politischen Verhältnisse. Das Ingenieurbüro hatte Ammann erst 1939 gemeinsam mit Walt Whitney gegründet, nachdem er seine Verabschiedung aus dem öffentlichen Dienst gefeiert hatte.


Neue Superlative des Brückenbaus

Als er den Zuschlag für die Planung der Verrazzano Narrows Bridge erhielt, war Ammann bereits 75 Jahre alt. Dennoch sollte er erst mit dieser Brücke den Zenit seiner Karriere erreichen. Trotz seines hohen Alters nahm Ammann mit Sicherheit wesentlichen Einfluss auf den Entwurf, denn es entstand ein für ihn typisches Bauwerk von schlichter, schnörkelloser Eleganz, das aber durch seine schiere Größe beeindruckt. Da ihm Eitelkeiten ohnehin fremd waren, ließ Ammann die Gelegenheit ungenutzt, um Steinmans Vorschlag von 1929 zu übertrumpfen. Er blieb mit seiner projektierten Spannweite deutlich unter dessen Rekordabmessungen. Dennoch war die Verrazzano Narrows Bridge bei ihrer Vollendung die größte Brücke der Welt.

Die Grundsteinlegung, die am 13. August 1959 erfolgte, setzte eine der größten Baumaßnahmen ihrer Zeit in Gang. Allerdings wurden die Bauarbeiten nicht überall freudig begrüßt, denn viele Familien wurden dazu gezwungen ihre Häuser zu verlassen und umzuziehen. Insbesondere für die Auffahrrampen mussten viele Wohnhäuser - zweifellos in einzigartiger Lage - abgerissen werden. Da vor allem bei den Gründungsarbeiten praktisch rund um die Uhr gearbeitet wurde, kam es vereinzelt auch zu Demonstrationen der Anwohner, die sich darüber beschwerten, dass ihnen Nacht für Nacht der Schlaf geraubt wurde.

Kabelspinnen
Das Kabelspinnen hat begonnen. Der Turm in Staten Island
ist fertiggestellt aber noch rostrot. Foto aus dem Jahr
1963, fotografiert vom Deck der Queen Mary I, bei
der Passage der Brückenbaustelle.

Ammann war bei Baubeginn schon 80 Jahre alt. Der maßgebliche Mann auf der Baustelle war daher vor allem der Stadtplaner Robert Moses. Moses war schon in den 1930er Jahren Chef der New Yorker Brücken- und Tunnelbehörden gewesen und trat erst 1968 von diesem Posten zurück. Während seiner Dienstzeit hatte er maßgeblichen Anteil am Ausbau der städtischen Infrastruktur und auch auf das Erscheinungsbild New Yorks nahm Moses großen Einfluss.


Die Bauarbeiten

Die Gründungsarbeiten für die 211 m hohen Pylone dauerten über zwei Jahre und hatten enorme Dimensionen. Man verwendete Druckluft-Caissons, die größten die man bis dahin überhaupt ausgeführt hatte. Die Senkkästen waren fast 70 m lang und 40 m breit. Sie wurden in einem Kofferdam aus eingerammten Stahlspundbohlen abgesenkt. Die Arbeiter in den Caissons beförderten eine große Menge Schlamm und Sand aus dem Untergrund, bis man auf eine tragfähige Lehmschicht traf. Diese erreichte man auf der Westseite (Staten Island) in einer Tiefe von 32 m, auf der Ostseite (Brooklyn) aber erst nach 52 m.

Auch die beiden Verankerungsblöcke haben gewaltige Ausdehnungen: 91 m lang, 49 m breit und 40 m hoch. Obwohl ihre äußeren Abmessungen gleich sind, haben sie doch verschiedene Massen. Wegen der divergierenden Untergrundverhältnisse wurden im östlichen Ankerblock 158.000 m³ Beton verbaut, während im westlichen "nur" 131.000 m³ ausreichten. Nach dem Eintritt in die Ankerblöcke wird jedes der vier Kabel in 61 Litzen aufgeteilt, die wiederum aus jeweils 428 Einzeldrähten bestehen. Die Litzen wurden tief in den Ankerblock hinuntergeführt und über Umlenkrollen mit dem Beton verbunden. Alle Drähte sind im Inneren der Verankerung gut kontrollierbar. Die gesamte Masse des Ankerblocks stemmt sich der Summe aller durch die Drähte übertragenen Zugkräfte entgegen und hält den Brückenträger mit allem was sich darauf befindet im Gleichgewicht.

Die Brücke stellte zur damaligen Zeit eine gigantische Herausforderung für ihre Konstrukteure sowie die Handwerker und Ingenieure auf der Baustelle dar. Zeitweise waren bis zu 1.200 Arbeiter gleichzeitig auf der Baustelle beschäftigt. Für die Arbeiten an den Pylonen und der Verkabelung wurden auch Mohawk-Indianer aus Kanada angeheuert, die auch in großer Höhe als absolut schwindelfrei gelten.

Der Fahrbahnträger ist mit 262 vertikalen Hängern an den vier Hauptkabeln aufgehängt. Diese haben Durchmesser von 91 cm und bestehen aus jeweils 26.108 Einzeldrähten. Der verwendete Draht hat einen Durchmesser von 5 mm und eine Gesamtlänge von 230.000 km (fast der 6-fache Erdumfang). Der gesamte Draht wurde vom Roeblingschen Drahtwerk in Trenton geliefert. Der Fahrbahnträger besteht aus einem 31,3 m breiten und 8,6 m hohen Fachwerk und repräsentiert somit den klassischen amerikanischen Versteifungsträger. Starke Seitenwinde können ihn zwar erheblich verformen, aber nicht zerstören. Das Verhältnis aller Verkehrslasten zu den Kräften aus dem Eigengewicht des Trägers beträgt etwa 1:10, sodass das Tragwerk zuallererst einmal sich selbst tragen muss.

Der Träger wurde in 60 Einzelsektionen von der American Bridge Company in einem vier Kilometer entfernten Werk vorgefertigt. Auf großen Lastkähnen brachte man die Abschnitte zur Baustelle und zog sie mit Kränen, die auf den Pylonspitzen montiert waren, in ihre Position. Dabei begann man in der Mitte des Hauptfeldes und arbeitete sich gleichzeitig in beide Richtungen bis zu den Pylonen vor. Bei der Mackinac Straits Bridge, einer Hängebrücke mit Fachwerkträger vergleichbarer Größe, hatte es Steinman nur wenige Jahre zuvor noch genau andersherum gemacht.


12 Fahrspuren für Kraftfahrzeuge aber kein Radweg

Wie bei der 1931 vollendeten George Washington Bridge hatte Ammanns Entwurf eigentlich auf beiden Seiten des Fahrbahnträgers kombinierte Rad-/ Gehwege vorgesehen. Aufgrund der Erfahrungen bei der Golden Gate Bridge und den sich bereits zu diesem Zeitpunkt häufenden Suizidfällen, entschied Moses jedoch, auf die seitlichen Wege ganz zu verzichten. Offiziell war die Begründung für den Verzicht auf die Seitenwege allerdings der zeitweise sehr starke Seitenwind, der tatsächlich zu einer Gefahr für Radfahrer werden kann. Allerdings ist man schon lange dazu in der Lage, konstruktive Lösungen für derartige Probleme zu finden.

Durch diese Entscheidung gibt es heute nur einmal pro Jahr die Gelegenheit, die Brücke zu Fuß zu überqueren. Dies ist immer dann, wenn die Verrazzano Narrows Bridge den Startpunkt für den weltbekannten New York Marathon bildet. Von verschiedenen Interessengruppen gibt es jedoch immer wieder Initiativen, die Rad-/ Gehwege doch noch anzubauen. Technisch wäre dies zweifellos möglich, wenn auch vielleicht nicht ganz billig. Letztlich ist diese Frage bis heute nicht endgültig entschieden und es wird sich zeigen, ob sich die Fußgänger und Radfahrer auch in einer Stadt wie New York durchsetzen werden.

Eröffnungszeremonie
21. November 1964: der Tag der Einweihung. Der Querriegel an
der Spitze des Pylons wirkt frontal fotografiert sehr wuchtig.
Fritz Leonhardt bezeichnete ihn gar als 'kopflastig'

Es wird immer wieder behauptet, dass die Verrazzano Narrows Bridge die erste Brücke der Welt war, bei deren Entwurf die Erdkrümmung rechnerisch berücksichtigt wurde. Die 211 m hohen Pylone haben an ihrer Spitze einen um 41 mm größeren Abstand als an den Fundamenten. Es ist allerdings anzumerken, dass auch schon bei den früher gebauten Hängebrücken ein größerer Abstand zwischen den Pylonspitzen bestanden hat, sofern die Ingenieure ihre Pylonen genau vertikal errichtet haben, wovon man ausgehen kann.

Bei der Verrazzano Narrows Bridge können extreme Windlasten und Querkräfte aus den Seilen eine seitliche Abweichung des Pylonkopfes aus der Vertikalen von bis zu 25 cm bewirken. Bei einem Orkan kann der Fachwerkträger in der Mitte bis zu vier Meter seitlich ausweichen. Ähnlich wie bei der Golden Gate Bridge bestehen die jeweils 27.000 Tonnen schweren Pfeiler aus Stahl-Hohlzellen. Um die Bleche zusammenzufügen wurden insgesamt 1 Million Bolzen und ca. 3 Millionen Niete benötigt.

Der Fachwerkträger besteht aus zwei Ebenen mit jeweils sechs stark frequentierten Fahrspuren. Die lichte Höhe des Tragwerks über dem normalen Wasserspiegel beträgt 66 m und erlaubt auch die Durchfahrt der größten Passagierschiffe, wie z.B. der Queen Mary II. Allerdings schwankt die Höhenlage der Fahrdecks durch die Wärmeausdehnung des Stahls (Dillatation) zwischen Sommer und Winter um über 30 cm.


Fast das Schwierigste: Die Suche nach einem passenden Namen

Während die Bauarbeiten schon liefen, wurde der zukünftige Name des Bauwerkes in der Öffentlichkeit leidenschaftlich diskutiert. Bereits lange vor Baubeginn hatte die Italienische Gesellschaft für Wissenschaft und Geschichte den Vorschlag gemacht, die Brücke nach dem europäischen Entdecker der Meerenge zu benennen, der hier vor über vierhundert Jahren vor Anker ging. Dieser Vorschlag wurde von verschiedener Seite jedoch heftig kritisiert, weil der Name zu lang wäre und Giovanni da Verrazzano in der amerikanischen Bevölkerung nahezu unbekannt sei. Aus anderen Communitys, wie z.B. der irischen, kamen viele Alternativvorschläge. Dennoch wurde der Name Verrazzano Narrows Bridge schließlich per Gesetz beschlossen.

Als am 22. November 1963 - genau ein Jahr vor der Einweihung - der amerikanische Präsident John F. Kennedy ermordet wurde, kam sofort der Gedanke auf, der Brücke doch seinen Namen zu geben. Die Diskussion beendete schließlich Robert Kennedy, der Bruder des ermordeten Präsidenten, indem er sich eindeutig gegen die Namensänderung aussprach. Stattdessen wurde dann der New Yorker Flughafen, der bis dahin "Idlewild Airport" hieß, in "John F. Kennedy International Airport" umbenannt.

Weite Teile der New Yorker Öffentlichkeit und der Medien ignorierten jedoch lange Zeit den offiziellen Namen der Brücke, sei es, weil er ihnen zu lang war oder aus anderen Gründen. Umgangssprachlich wird sie von der Bevölkerung seit ihrem Bestehen teils "Narrows Bridge", "Verrazzano Bridge" oder einfach "The Verrazzano" genannt.

Erst 2018 erkannte man, dass man den Nachnamen des Seefahrers jahrzehntelang falsch geschrieben hatte, nämlich mit nur einem 'Z'. Da Giovanni da Verrazzano auf seinem Familiensitz Castello di Verrazzano in der Toscana geboren worden war, lag der Fehler auf der Hand, denn die Burg wurde schon immer mit zwei 'Z' geschrieben. Wiederum per Gesetz wurde beschlossen, den Fehler zu berichtigen und Giovanni sowie der Brücke das zweite 'Z' zu gewähren. Aus Kostengründen verzichtete man allerdings darauf, alle Schilder und Wegweiser sofort zu korrigieren. Vielmehr einigte man sich darauf, die Änderung nach und nach, bei der turnusmäßige Erneuerung der Schilder vorzunehmen.


Eröffnung und Inbetriebnahme des oberen Decks


Am 21. November 1964 wurde die Verrazzano Narrows Bridge (in Anwesenheit des inzwischen 85-jährigen Othmar H. Ammann) feierlich eingeweiht und das obere Fahrbahndeck dem Verkehr übergeben. Der damalige Bürgermeister Robert F. Wagner und Planungschef Robert Moses durchschnitten das Band und ca. 5.000 New Yorker Bürger folgten ihnen zu Fuß über die Brücke. Das untere Deck sollte nach den damaligen Verkehrsprognosen eigentlich erst 1980 in Betrieb genommen werden, was aufgrund der tatsächlichen Entwicklung aber bereits 1969 geschah.

Der Bau der Verrazzano Narrows Brücke verschlang die damals unglaubliche Summe von 325 Millionen US-$ und war somit die bis dahin teuerste Brücke der Welt. Sie wurde größtenteils über Privatfonds finanziert und durch die Mauteinnahmen refinanziert. Die Benutzung der Brücke war von Anfang an gebührenpflichtig. Die preiswerteste Maut für einen normalen PKW betrug im Sommer 2021 6,55 $ für die einfache Überfahrt. Die aktuellen Mautgebühren sowie die technischen Voraussetzungen für einzelne Preisstufen werden auf der offiziellen Homepage der Metropolitan Transportation Authority veröffentlicht (https://new.mta.info/).

Nach ihrer Vollendung war die Verrazzano Narrows Bridge mit einer Spannweite von 1.298 m die größte Brücke der Welt. Sie übertraf damit sogar die 1937 vollendete Golden Gate Bridge in San Francisco um 18 m. Ein letzter großer Triumph für Othmar H. Ammann, der zehn Monate nach Eröffnung der Verrazzano Narrows Bridge starb. Den Rekord hielt die Brücke bis 1981, als die Humber Bridge in Großbritannien den Betrieb aufnahm. Heute ist die Verrazzano Narrows Bridge zwar aus der Liste der größten Brücken der Welt verdrängt worden aber in den USA ist sie noch immer die Nummer Eins. Die Seitenspannen sind mit ihren 370 m im Vergleich zur Hauptspannweite eher kurz, was sich jedoch günstig auf die Steifigkeit auswirkt.

The Verrazzano
Die Verrazzano Narrows ist eine der am stärksten frequentierten Wasserstraßen der Welt.
Kein Wunder: gleich dahinter befindet sich der geschäftige Hafen New Yorks.

Die Meinungen über die architektonische Gestaltung der Brücke waren und sind durchaus geteilt. Gerade im Vergleich mit den Brücken David Steinmans waren Ammanns Brücken immer sehr schmucklos und auf das technisch notwendige beschränkt. Auf den ersten Blick gleicht sie auffallend seiner Bronx-Whitestone Bridge aus dem Jahr 1939. Fritz Leonhardt bezeichnete die Pylone der Verrazzano Narrows Bridge wegen der hohen Querriegel als "kopflastig". Leonhardt war ohnehin der Meinung, dass die versteiften Fachwerkträger bei Hängebrücken der Vergangenheit angehören sollten. Das mag für einen Träger mit nur einer Verkehrsebene auch durchaus richtig sein aber wenn man zwei Ebenen benötigt, ergibt sich automatisch ein eintsprechend hohes Trägerprofil. Wohl aus diesem Grunde wurde auch die Akashi Kaikyo Brücke in Japan 34 Jahre später mit einem Fachwerkträger gebaut.

Mit einem durchschnittlichen Verkehrsaufkommen von über 200.000 Fahrzeugen pro Tag (ca. 73 Millionen pro Jahr) ist sie eine der meistbefahrenen Brücken New Yorks aber auch der ganzen Welt. Sie ist damit unverzichtbarer Teil der städtischen Infrastruktur und eine der Hauptschlagadern des New Yorker Straßenverkehrs. Auch über 50 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme trägt sie die Verkehrsmassen sicher über die Hafeneinfahrt. Es spricht für ihre Konstrukteure, dass sie dies fast unverändert sowie mit relativ geringem Unterhaltungsaufwand tut und mit ihr Tag für Tag beachtliche Mauteinnahmen erzielt werden.

Quellen: Interne Links:
  • Schweizerische Bauzeitung: Jahrgang 1961 (Seite 186), Jahrgang 1962 (Seiten 48 und 611).
  • Der Spiegel, Ausgabe vom 02.12.1964: "Für die Ewigkeit. Zur Eröffnung der Verrazano Narrows Bridge."
  • Fritz Stüssi: "Othmar H. Ammann - Sein Beitrag zur Entwicklung des Brückenbaus" [Basel 1974]
  • Urs Widmer: "Othmar H. Ammann - 60 Jahre Brückenbau" [Winterthur 1979]
  • Charlotte Jurecka: "Brücken - Historische Entwicklung - Faszination der Technik". 2. Aufl. [Wien 1986].
  • Fritz Leonhardt: "Brücken - Ästhetik und Gestaltung" [Stuttgart 1994]
  • Darl Rastorfer: "Six Bridges" [New York 2000]
  • Sven Ewert: "Brücken - Die Entwicklung der Spannweiten und Systeme" [Berlin 2003]
  • Dirk Bühler: "Brückenbau im 20. Jahrhundert - Gestaltung und Konstruktion" [München 2004]
  • David J. Brown: "Brücken - Kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere" [München 2005]
  • Gay Talese: "The Bridge - The Building of the Verrazano-Narrows Bridge" [New York 2014]
  • Metropolitan Transportation Authority


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© Dipl.Ing. Bernd Nebel