Golden Gate Bridge
San Francisco / USA
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Die Golden Gate Bridge von Marshall's Beach aus gesehen. Auf dem gegenüberliegenden Hügel befinden sich mehrere
Aussichtspunkte wie z.B. 'Battery Spencer', die zu den beliebtesten Photo Points in San Francisco gehören.
© Frank Schulenburg / CC BY-SA 4.0
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Offizieller Name: |
Golden Gate Bridge |
Ort: |
San Francisco |
Land: |
USA |
Überbautes Hindernis: |
Bucht von San Francisco |
Konstruktionstyp: |
Hängebrücke |
Material: |
Stahl |
Bauzeit: |
1933 - 1937 |
Verkehrsart: |
Straße |
Gesamtlänge: |
2.740 m |
Größte Stützweite: |
1.280 m |
Beteiligte: |
Joseph B. Strauss (Chief Engineer) Charles A. Ellis (Tragwerksplanung) Irving F. Morrow (Architektur) Othmar H. Ammann (Beratung) Leon S. Moisseiff (Beratung) |
Google Earth: |
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OpenStreetMap: |
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Brief summary:
Even though it lost its place among the world's greatest bridges many decades ago, the Golden Gate Bridge is still an icon of bridge architecture and for many also "The Greatest". However, due to its spectacular location and timeless architecture, it has become the landmark of the city of San Francisco and one of the most famous bridges in the world.
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Auch wenn sie ihren Platz unter den größten Brücken der Welt schon vor vielen Jahrzehnten eingebüßt hat, ist die Golden Gate Bridge auch heute noch eine Ikone der Brückenarchitektur und für viele auch "The Greatest". Durch die spektakuläre Lage und ihre zeitlose Architektur ist sie aber zum Wahrzeichen der Stadt San Francisco und zu einer der bekanntesten Brücken der Welt geworden.
Noch in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts galt die Bucht von San Francisco für Straßen und Eisenbahnlinien als unüberwindbares Hindernis. Die an der engsten Stelle immerhin noch 1,7 km breite Meerenge war schon damals eine stark frequentierte Wasserstraße und die zum Teil enorme Wassertiefe machte den Bau von Zwischenpfeilern undenkbar. Bis 1931 war die Ambassador Hängebrücke in Detroit die größte Brücke der Welt. Sie führt über den Detroit River, den Verbindungsfluss zwischen dem Eriesee und Lake Saint Clair. Der Detroit River ist an dieser Stelle gleichzeitig Grenzfluss zwischen den USA und Kanada. Ihre mit 564 m vergleichsweise bescheidene Spannweite verdeutlicht, wie weit die Anforderungen in San Francisco damals noch von den tatsächlich realisierten Spannweiten entfernt waren.
Joseph Baermann Strauss
*08.10.1870 in Cincinnati; +16.05.1938 in Los Angeles
Joseph Baermann Strauss wurde am 9. Januar 1870 in Cincinnati geboren. Sein Vater war Raphael Strauss, der aus Riedenburg in Bayern stammte und 1858 nach Amerika ausgewandert war. Sein Mittelname ging auf seine Mutter zurück, die ebenfalls deutsche Wurzeln hatte aber eigentlich Biermann hieß. Im Elternhaus der Familie Strauss spielte die Kunst eine große Rolle, denn Josephs Mutter war Pianistin und sein Vater Maler.
Joseph besuchte die Schule in Cincinnati, anschließend die Hochschule seiner Heimatstadt. 1893 verließ er die University of Cincinnati mit dem Titel eines Civil Engineers. Ein Jahr später gründete er sein eigenes Büro, mit dem er sich von Anfang an auf den Brückenbau spezialisierte. Dabei beschränkte er sich keineswegs auf die USA, sondern verwirklichte auch Projekte in Kanada, Norwegen, Russland und Ägypten. Zu seinen Bauwerken gehörten Auslegerbrücken, Hängebrücken und besonders häufig auch Klappbrücken.
Sein größtes Projekt sollte aber die Brücke über die Bucht von San Francisco werden, für die er sich früh einsetzte und schon 1917 einen ersten Entwurf vorlegte. Bereits 1929 wurde er zum Chefingenieur für die Golden Gate Bridge bestellt. Für diese große Aufgabe stand ihm ein Stab hervorragender Fachleute und Berater zur Seite. Strauß trieb das Projekt politisch voran und moderierte es gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit. Ihm war es sicherlich zu verdanken, dass das Projekt - trotz hoher Kosten bei schlechter Wirtschaftslage - weitgehend positiv in der Bevölkerung aufgenommen wurde.
Nur ein knappes Jahr nach der Eröffnung der Golden Gate Bridge, am 16. Mai 1938, erlag Joseph B. Strauss im Alter von 68 Jahren einem Herzinfarkt. Er war zweimal verheiratet und hinterließ zwei Söhne.
Die Sorge vor dem "großen" Erdbeben
Diese grundsätzliche Ausgangssituation änderte sich allerdings entscheidend, als Othmar Hermann Ammann dieses Maß durch den Bau der George Washington Bridge in New York nahezu verdoppelte. Die George Washington Bridge hat eine Spannweite von 1.067 m. Plötzlich sah man auch in Kalifornien die Chance gekommen, eine große Hängebrücke zwischen San Francisco und der Halbinsel Marin zu errichten. Allerdings waren neben der reinen Spannweite noch viele weitere Schwierigkeiten zu überwinden, wobei der hier häufig auftretende dichte Nebel noch das geringste Problem war.
Die Gezeiten des Pazifiks verursachen starke Strömungen in der Bucht und der tragfähige Untergrund befindet sich in der Mitte der Bucht in sehr großer Wassertiefe. Weder beim Bau der Brücke, noch während ihrres Betriebs sollte die stark befahrene Schifffahrtsroute behindert werden. Weitere Auflagen kamen vom mächtigen Verteidigungsministerium, da sich in der Umgebung der Bucht damals (wie auch noch heute) verschiedene Militäreinrichtungen befanden.
In San Francisco gibt es aber bei jedem größeren Bauvorhaben noch ein weit größeres Problem. Die Stadt liegt im sogenannten San-Andreas-Graben, einer 1300 Kilometer langen geologischen Verwerfung. Hier stoßen die Pazifische und die Nordamerikanische Platte aneinander und bewegen sich an dieser Linie etwa 6 cm pro Jahr in entgegengesetzter Richtung. Die geologischen Aktivitäten im Untergrund führen immer wieder zu größeren oder kleineren Erdbeben entlang dieser Linie.
In den frühen Morgenstunden des 18. April 1906 ereignete sich das stärkste bisher registrierte Erdbeben, dessen Epizentrum in unmittelbarer Nähe der Stadt San Francisco lag. Die durch die Erschütterungen und die nachfolgenden Brände verursachten Zerstörungen waren im Vorfeld der Bauarbeiten für die Golden Gate Bridge noch allgegenwärtig, denn mindestens 3.000 Menschen hatten ihr Leben verloren und fast jeder zweite Einwohner der Stadt war obdachlos geworden. Als man mit den Planungen für den Brückenbau begann, waren noch immer nicht alle Schäden beseitigt. Das größte in der Zwischenzeit registrierte Ereignis dieser Art war das Loma-Prieta-Erdbeben vom 17. Oktober 1989. Seismologen warnen aber schon seit vielen Jahren vor einem noch größeren Erdbeben in San Francisco. Nach Meinung einiger Experten ist "The Big One" schon lange überfällig.
Joseph B. Strauss und sein namhaftes Team
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Der erste Entwurf von Joseph B. Strauss (ca. 1917) sah noch
eine Kombination aus Hänge- und Auslegerbrücke vor.
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Anfang des 20. Jahrhunderts verkehrten Fähren durch die Bucht, doch die Zustände wurden durch den rasant zunehmenden Autoverkehr bald unhaltbar. Ein aus Cincinnati stammender Ingenieur namens Joseph B. Strauss setzte sich bei den zuständigen Stellen schon sehr frühzeitig für den Bau einer Brücke über die Bucht ein. Mit seinem Büro hatte er bereits 1917 einen ersten konkreten Vorschlag ausgearbeitet. Da es zu diesem Zeitpunkt keine auch nur annähernd so große Brücke auf der Welt Im Jahr 1917 wurde nach mehreren Fehlschlägen in Quebec (Kanada) die Brücke über den Sankt Lorenzstrom fertiggestellt. Mit einer Hauptspannweite von 549 m war sie bis 1929 die größte Brücke der Welt. gab, entwarf er ein ganz neues System, eine Kombination aus Hänge- und Auslegerbrücke.
Eine wichtige Voraussetzung war die grundsätzliche Zustimmung des mächtigen Kriegsministeriums zum Bau einer Brücke über die Bucht von San Francisco, die im Dezember 1924 erteilt wurde. Was aber vorerst immer noch fehlte, war die Zustimmung der entscheidenden Politiker, von denen die benötigten finanziellen Mittel in nicht unerheblicher Höhe freigegeben werden mussten. Offensichtlich bestanden auch grundsätzliche Zweifel an Strauss' futuristischem Konzept und vielleicht auch an seiner Unerfahrenheit mit einem solchen Großprojekt.
Der Ausweg aus dieser Situation bestand darin, dass man Strauss mehrere renommierte Fachleute zur Seite stellte, ihn aber zum "Chief Engineer" für das Gesamtprojekt ernannte. Mit seinem Büro hatte Strauss bis zu diesem Zeitpunkt schon viele technisch nicht zu beanstandende Brücken gebaut, die aber - vorsichtig formuliert - nicht gerade durch ihre Ästhetik aufgefallen waren. Für die eigentliche Gestaltung des Bauwerkes stellte man ihm daher den Architekten Irving F. Morrow zur Seite, der bis dahin vorwiegend Privathäuser und öffentliche Gebäude in San Francisco geplant hatte. Von Morrow stammt die bis heute fast ausschließlich positiv beurteilte Gestaltung der Brücke im Stile des "Art-Déco".
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Während der nördliche Pylon im Hintergrund schon in die Höhe wächst,
ist auf der Südseite das Fundament noch nicht zu sehen.
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Für die Tragwerksplanung wurde der Konstrukteur Charles A. Ellis gewonnen, der gemeinsam mit Leon S. Moisseiff zahllose statische Berechnungen durchführte. Aus bis heute unbekannten Gründen entband Strauß Ellis aber schon zu Anfang der Bauarbeiten von seinen Aufgaben. Der wahre Grund für das Zerwürfnis kam nie an die Öffentlichkeit. Strauß scheint aber danach versucht zu haben, den Namen Ellis aus allen Veröffentlichungen über die Brücke soweit wie möglich herauszuhalten. Ellis ist auch der einzige wichtige Mitarbeiter, der in einer Widmungstafel, die an einem der Türme angebracht wurde, nicht genannt wird. Erst im Jahr 2007 wurde Ellis rehabilitiert, indem man ihm von offizieller Seite eine wichtige Rolle beim Bau der Brücke zusprach.
Der organisatorische Rahmen für Strauss und sein Beratungsteam war eine Sonderbehörde mit halbstaatlichem Charakter, die 1929 gegründet wurde, während die George Washington Bridge noch im Bau war. Die George Washington Bridge war die erste Brücke der Welt, mit einer Spannweite von mehr als einem Kilometer. Ihre Realisierung war enorm wichtig für den Bau der Golden Gate Bridge, weil deren Spannweite nur etwa 200 m länger werden sollte. Nach dem Erfolg und den in New York gewonnenen Erfahrungen war man sich nun sicher, dass auch in San Francisco nur eine Hängebrücke in Frage kommen konnte.
Man war sich darüber im Klaren, dass in San Francisco nicht mehr und nicht weniger als die größte Brücke der Welt zu bauen war und es konnte daher gar nicht genug Fachkompetenz mit ins Boot geholt werden. So wurde auch der aus der Schweiz stammende Othmar Ammann als Berater engagiert. Amman hatte schon am Bau mehrerer Großbrücken mitgewirkt und war "Chief Engineer" beim Bau der George Washington Bridge. Ein weiterer Berater war Leon S. Moisseiff, dessen Ambassador Bridge in Detroit (ebenfalls eine Hängebrücke), bis 1931 die größte Brücke der Welt war. Somit waren alle renommierten Brückenspezialisten der USA im Beratungsteam für die Golden Gate Bridge vereint.
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Die Pylone wurden vor Ort aus Hohlzellensegmenten zusammengenietet.
Auch die Arbeit an den senkrechten, 227 m aus dem Wasser ragenden
Stahlwänden, war natürlich alles andere als ungefährlich.
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1,2 Millionen Niete und über 55.000 Einzeldrähte
Die Bauarbeiten begannen im Januar 1933 und brachten gleich am Anfang die erwarteten Schwierigkeiten bei der Gründung der Pylonen. Insbesondere das Fundament für den südlichen Pfeiler machte Probleme, denn es musste 335 Meter vom Ufer entfernt in einer Tiefe von über 30 Metern gegründet werden. Man hatte vorgesehen, das Fundament in einem riesigen stählernen Druckluftcaisson zu gründen, der jedoch bei einem Sturm in der Bucht zerstört wurde. Man änderte daraufhin das Verfahren und errichtete zunächst einen ovalen Betonring, der vom tragfähigen Untergrund bis 14 m über dem normalen Wasserstand reicht und insgesamt 37 m hoch ist. In Amerika nennt man diesen Ring "Fender", denn er hat auch die Aufgabe, Schiffskollisionen mit dem eigentlichen Pfeiler zu verhindern. Der Ring hat eine Wandstärke von 12 m und schließt die Fläche eines Fußballfeldes ein.
Innerhalb dieses Ringes konnte man bei relativ ruhigen Bedingungen das eigentliche Fundament für den Pylon herstellen. Die Strömung in der Bucht war zeitweise so stark, dass Unterwasserarbeiten an manchen Tagen nur während des Gezeitenwechsels möglich waren. Durch die wesentlich komplizierteren Bedingungen zögerte sich die Fertigstellung des südlichen Fundamentes viele Monate hinaus, während der Turm auf dem nördlichen Fundament schon in die Höhe wuchs.
Die beiden Pylonen ragen ca. 227 Meter aus dem Wasser. Sie bestehen aus übereinander gestapelten stählernen Hohlzellen, die durch ca. 1,2 Millionen Niete Etwa 600.000 Niete pro Turm! zusammengehalten werden. Alle stählernen Bauteile - mit Ausnahme der Kabel - wurden in einer Fabrik in Pittsburgh / Pennsylvania hergestellt. Der Landweg von Pittsburgh nach San Francisco beträgt ca. 3.700 km Luftlinie. Man entschloss sich daher, den Transport über den Wasserweg zu organisieren. Jedes Bauteil wurde zuerst per Eisenbahn zum Hafen in Philadelphia transportiert, dort auf Schiffe umgeladen und auf den fast 10.000 km langen Seeweg durch den Panamakanal geschickt.
Mit der Herstellung der Kabel war die traditionsreiche Firma John A. Roebling & Sons beauftragt worden, die auch die Drähte aus ihrer Fabrik in Trenton / New Jersey lieferte. Die Kabel wurden mit dem von Louis-Joseph Vicat erfundenen und von John A. Roebling entscheidend verbesserten Luftspinnverfahren hergestellt. Dabei wurden für jedes der beiden Kabel 27.572 Einzeldrähte (Durchmesser: 5 mm) durch eine Art hin- und her fahrendem Laufrad von einem Verankerungspunkt zum anderen über die Pylone gezogen. Bei der Golden Gate Bridge konnten in einem solchen Arbeitsschritt erstmalig 24 Drähte gleichzeitig verlegt werden. Dadurch reduzierte sich die zeitaufwändige Herstellung der Kabel auf nur 6 Monate. Insgesamt wurden ca. 125.000 km Draht benötigt, dass entspricht mehr als dem dreifachen Erdumfang.
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Nach Vollendung der Pylonen aber vor der eigentlichen Kabelherstellung, erfolgte die Monatage
der "Catwalks". Die sogenannten Katzenstege sind Arbeitsplattformen für das Kabelspinnen.
Sie verlaufen in exakten Kurven unterhalb der späteren Hauptkabel. Im Bild ist
nur der Catwalk für das Kabel auf der linken Brückenseite zu sehen.
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Nachdem alle Drähte in der vorgesehenen Position waren, wurden die beiden Hauptkabel durch Zusammenpressen der parallel liegenden Einzeldrähte hergestellt. Die beiden Kabel haben Durchmesser von jeweils 92,4 cm. An diesen Hauptkabeln wurden in einem Abstand von 15 m die vertikalen Hängeseile befestigt, an denen schließlich der Fahrbahnträger aufgehängt ist. Um die vertikalen Seile filigraner erscheinen zu lassen, wurden sie auf Vorschlag Morrows an jedem Aufhängungspunkt in vier Einzelkabel aufgelöst. Dadurch sind sie ab einem bestimmten Abstand mit bloßem Auge nicht mehr sichtbar. Im Bereich des Hauptfeldes gibt es 82 Aufhängungspunkte je Seite, aber bei der Golden Gate Bridge sind auch die beiden Nebenfelder an den Hauptkabeln aufgehängt.
Art-Déco in ganz großem Stil
Der Fahrbahnträger der Golden Gate Bridge wurde nach amerikanischer Tradition als versteifter Fachwerkbalken ausgebildet. Er wurde von den Pylonen ausgehend in beide Richtungen gleichzeitig montiert, um während des Baus eine gleichmäßige Lastverteilung zu gewährleisten. Nach dem dramatischen Einsturz der Tacoma Narrows Bridge im Jahre 1940, der durch eine Resonanzkatastrophe in Verbindung mit einem zu schwachen Träger verschuldet wurde, verstärkte man den Träger der Golden Gate Bridge noch um einen weiteren Horizontalverband. Der Träger hat dadurch heute eine Gesamthöhe von 8,70 m.
Die Rückverankerung der Kabel konnte auf der Nordseite relativ einfach im anstehend Fels der Marin Headlands erfolgen. Hinter dem südlichen Pylon war die Verankerung etwas komplexer. Hier mussten die Kabel zunächst durch das Fachwerk der anschließenden Bogenbrücke geführt werden. Diese Bogenbrücke wurde erforderlich, um das direkt darunter liegende Fort Point zu überspannen. Hinter dem Widerlager der Bogenbrücke werden die Seile in den Untergrund geführt und in einem massiven Betonblock verankert.
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Die Kabelführung am südlichen Widerlager. Die Seile laufen durch den Bogen der Fort
Point überspannenden Bogenbrücke hindurch. Der Verankerungsblock wird durch die
Fundamentplatten und die Stützen der anschließenden Balkenbrücke zusätzlich belastet.
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Neben ihrer technischen Bedeutung wurde die Golden Gate Bridge zu Recht auch immer wieder für ihre architektonische Gestaltung gelobt. Die markante Form der Pfeiler im Art-Déco-Stil entsprach nicht nur dem damaligen Zeitgeschmack, sondern wirkt auch heute noch durchaus modern bzw. "zeitlos". In Zusammenarbeit mit Strauss fügte Irving Morrow das Bauwerk perfekt in die atemberaubende Landschaft der Bucht ein. So wurde eine selten erreichte Harmonie aus einer Anlage der Verkehrsinfrastruktur mit seiner natürlichen Umgebung erreicht.
Bei der Farbgebung der Brücke redeten mehrere staatliche Stellen mit. Die Navy wünschte aus Sicherheitsgründen einen auffälligen schwarz-gelb gestreiften Anstrich und die Luftwaffe wollte eine rot-weiße Lackierung. Wie auffällig und hässlich dies ausgesehen hätte, lässt die Betrachtung der Schrägseilbrücke in Saint Nazaire erahnen. Die Idee für den satten roten Anstrich hatte am Ende Irving Morrow, dem es gelang, die Sicherheitsbedenken mit einer ästhetischen Gestaltung in Einklang zu bringen. Tatsächlich ist heute die Farbe mit dem Namen "International Orange" neben den Art-Déco-Türmen das am wenigsten verzichtbare Detail der Brücke.
Das Bauwerk konnte im Frühjahr 1937, nach über vier Jahren Bauzeit, vollendet werden. Die Bauarbeiten hatten damals auch einen wichtigen gesellschaftspolitischen Aspekt, der heute meist vergessen wird. Die Golden Gate Bridge wurde während der "Great Depression", Die Große Depression begann mit dem "Schwarzen Donnerstag" am 24. Oktober 1929 und führte schließlich zu einer weltweiten Wirtschaftskrise. der von 1929 bis Anfang der 1940er Jahre andauernden schweren Wirtschaftskrise in den USA gebaut. Sie schaffte im Großraum San Francisco aber auch in anderen Regionen, wie z.B. in Pittsburgh, dringend benötigte Prosperität und verhalf den Familien der Arbeiter über Jahre hinweg zu einem sicheren Einkommen. Die Arbeiter wurden für die damalige Zeit außergewöhnlich gut bezahlt, sodass die Großbaustelle viele Stahlarbeiter aus dem ganzen Land anzog. Aber auch die Versorgung der Arbeiter mit allem Lebensnotwendigen und die Lieferung von Baumaterial, Werkzeugen, Treibstoff usw., sicherte vielen weiteren Familien ihren Lebensunterhalt.
Präsident Roosevelt eröffnet die Brücke
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Während der Kabelmontage. Zunächst werden die Drähte zu größeren Paketen "Strands"
zusammengefasst und systematisch angeordnet. Am Ende werden alle Drähte gemeinsam
mit einer Maschine zusammengepresst und mit einem weiteren Draht eng umwickelt.
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Am 27. Mai erhielten die Bürger von San Francisco als erste die Gelegenheit, die Brücke aus nächster Nähe zu bestaunen und zu Fuß zu überqueren. Über 200.000 Menschen ließen sich diese Chance nicht entgehen und nahmen am legendären "Pedestrian Day" teil. Diese Idee wurde später bei vielen Brückeneröffnungen übernommen. Am Tag danach wurde der Straßenverkehr durch ein telegrafisches Signal aus dem Weißen Haus von Präsident Franklin D. Roosevelt offiziell freigegeben. Bereits an ihrem ersten normalen Betriebstag wurden 32.000 Kraftfahrzeuge gezählt aber dennoch sollte es später nur noch selten so ruhig auf der Brücke zugehen. Heute wird die Golden Gate Bridge im Durchschnitt von über 100.000 Fahrzeugen täglich benutzt, mit weiterhin steigender Tendenz.
Die Golden Gate Bridge verfügt über insgesamt sechs Fahrspuren, die je nach Verkehrslage für den stadtein- bzw. stadtauswärts fließenden Verkehr freigegeben werden. Außerdem ist sie eine der wenigen Großbrücken der Welt, die auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß überquert werden dürfen. Das mit einer Höhe von 1,40 m eher niedrige Geländer erlaubt dabei einen großartigen Blick über die Bucht und die Stadt San Francisco. Tragischerweise wird die Barrierefreiheit aber auch immer wieder von Selbstmördern für einen Sprung in die Tiefe missbraucht. Leider hat die Brücke auch unter diesem Aspekt eine fragwürdige Berühmtheit erlangt, denn pro Jahr nehmen sich im Durchschnitt 30 bis 40 Menschen auf diese Art das Leben. Es gibt kaum jemanden, der den 70 m tiefen Sprung in das Wasser überlebt hat.
Um solchen Vorfällen entgegenzuwirken, wurden auf der Brücke Notfalltelefone eingerichtet, durch die Betroffene sofort mit einem psychologisch geschulten Mitarbeiter der Brückengesellschaft verbunden werden. Immer wieder wurde diskutiert, ob man nicht einfach die Geländer so hoch machen sollte, dass ein Überklettern unmöglich ist. Die Gegner solcher Vorschläge argumentierten aber, dass dadurch letztendlich auch kein Selbstmord verhindert werden könne, weil die Betroffenen dann nur auf andere Varianten ausweichen würden. Auf der anderen Seite würde ein solches Gitter aber auch für alle anderen Benutzern der Brücke das 'Erlebnis Golden Gate' teilweise zunichtemachen und außerdem das Erscheinungsbild der Brücke ganz erheblich beeinträchtigen. Inzwischen hat man aber eine andere Möglichkeit gefunden, die Todesfälle zu reduzieren. Seit einigen Jahren befindet sich unterhalb der Brücke wieder ein Fangnetz, das dem einst von Strauss erdachten Sicherheitsnetz für seine Arbeiter ganz ähnlich ist.
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Die Montage des Trägers erfolgt vom Pylon ausgehend in beiden Richtung gleichzeitig.
Die vertikalen Hänger für die einzelnen Trägerabschnitte sind schon vorbereitet.
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San Franciscos Top-Sehenswürdigkeit
Schon kurz nach ihrer Eröffnung wurde die Golden Gate Bridge zu einem Symbol der unbegrenzten Freiheit und der "Flower-Power-Generation". Bis heute kommen alljährlich hunderttausende Besucher aus der ganzen Welt nach San Francisco, nicht zuletzt um sich dieses nach wie vor einzigartige Bauwerk anzusehen. Die Golden Gate Bridge ist noch immer die meistfotografierte Brücke der Welt und beinahe ständig begegnen uns ihre Abbildungen auf Wandkalendern, in Fotoalben, Illustrierten, Bildbänden über Amerika und natürlich auch in der Werbung. In zahllosen Filmen spielt sie Haupt- und Nebenrollen oder ist einfach nur der beeindruckende Hintergrund der jeweiligen Szene.
Nach ihrer Eröffnung war die Golden Gate Bridge mit ihrer Spannweite von 1.280 m die größte Brücke der Welt. Diesen Rekord hielt sie ganze 27 Jahre, bis sie von der Verrazano Narrows Bridge in New York um wenige Meter übertroffen wurde. Heute belegt sie in der internationalen "Brückenliga" nur noch einen Platz unterhalb der zehn größten Brücken. Vermutlich ist sie aber nach wie vor die bekannteste Brücke der Welt. Man könnte sicher noch viele weitere Superlative der Golden Gate Bridge aufzählen aber für die meisten Besucher steht ganz eindeutig ihre atemberaubende Schönheit im Vordergrund.
Die Brücke wird auch heute noch von der halbstaatlichen Gesellschaft betrieben, die sie einst gebaut hat. Ihre Benutzung (außer für Radfahrer und Fußgänger) ist nach wie vor kostenpflichtig. Die Mauteinnahmen gehen weit über die Kosten für Verwaltung und Unterhaltung der Brücke hinaus, sodass auch weitere Verkehrsprojekte in der Bucht von San Francisco unterstützt werden können. Insofern wurde die Brücke auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein voller Erfolg. Die Pflege und Instandhaltung der Brücke ist eine zeitraubende und kostspielige Angelegenheit, die durch ein Team von schwindelfreien Fachleuten verrichtet wird. Der markante rote Anstrich wird ständig erneuert, wobei gewaltige Mengen der patentierten Farbe verbraucht werden. Die tragenden Brückenteile werden alle zwei Jahre einer intensiven Überprüfung unterzogen und auch die unter Wasser liegenden Teile der Fundamente werden alle fünf Jahre mit Tauchern und Kameras inspziert.
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Wichtige Persönlichkeiten beim Bau der Golden Gate Bridge (v.l.n.r.):
Charles A. Ellis, Irving Morrow, Leon S. Moisseiff
© Montage: Bernd Nebel
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Als Spätfolge des Einsturzes der Tacoma Narrows Bridge im Jahr 1940 und nach einem Sturm in der Bucht von San Francisco einige Jahre später, entschied man sich, den Fahrbahnträger durch einen zusätzlichen Querverband zu versteifen und torsionsstabiler zu machen. Die vertikalen Hängekabel wurden 1976 im Rahmen einer Sanierungsmaßnahme komplett erneuert. Die Originalkabel verkaufte man, in kleine Abschnitte zuerlegt, als Souvenir. Bis 1986 ersetzte man auch die ursprünglich aus Beton bestehende Fahrbahn gegen eine orthotrope Stahlplatte.
'Der Vater' oder 'die Väter' der Brücke ?
Der Name Joseph B. Strauss ist noch heute untrennbar mit dem Bau der Golden Gate Bridge verbunden, obwohl man inzwischen weiß, dass er weder bei der Tragwerksplanung, noch bei der architektonischen Gestaltung der Brücke die entscheidenden Impulse gab. Strauss hat es zu Lebzeiten sehr gut verstanden, seine eigene Leistung beim Bau der Brücke ins rechte Licht zu rücken. Dennoch ist sein Ruf als "Vater" der Golden Gate Bridge nicht ganz unbegründet, denn Strauss hatte unschlagbare Qualitäten als Organisator und Promotor des gesamten Projekts. Seiner Hartnäckigkeit war es zu verdanken, dass die entscheidenden Politiker von dem Vorhaben überzeugt werden konnten und die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt wurden.
Auch die Rolle die Strauss bei der Einführung und Durchsetzung konsequenter und teilweise ganz neuer Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit spielte, muss ihm hoch angerechnet werden. In den 1920er Jahren galt es immer noch als hinnehmbar und unvermeidlich, dass bei einem solchen Großprojekt zahlreiche Arbeiter verletzt oder sogar getötet wurden. Strauss führte die Helmpflicht ein und überließ es nicht mehr den Arbeitern selbst, die Sicherheitsausrüstung freiwillig zu tragen oder nicht.
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Die Golden Gate Bridge wird von in die Bucht einziehendem Nebel verhüllt.
Aufnahme an einem kalten Morgen im September.
© Marcus Rüter / flickr.com
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Unter den Arbeitsbereichen ließ er kostspielige Fangnetze errichten, denn die Arbeiter konnten sich nicht bei jeder Tätigkeit anseilen. Alkohol während der Arbeit war natürlich strengstens verboten und Männer die bei Schichtbeginn "Auffälligkeiten" zeigten, wurden umgehend wieder nach Hause geschickt.
Dennoch ereignete sich ein tragischer Unfall, als sich ein Gerüst mit zehn Männern losriss und durch das Sicherheitsnetz hindurchschlug. Insgesamt starben elf Männer auf der Brückenbaustelle, was für die damalig Zeit eine sehr niedrige Zahl war. Die Namen der Opfer sind auf einer Bronzeplakette verewigt, die sich im Bereich des südlichen Widerlagers befindet. Das Sicherheitsnetz rettete aber insgesamt 19 Arbeitern das Leben, was diese dazu veranlasste, den exklusiven "HALF-WAY-TO-HELL-CLUB" zu gründen.
Joseph B. Strauss erlag 1938, im Alter von 68 Jahren, einem Herzinfarkt, weniger als ein Jahr nach Eröffnung der Golden Gate Bridge. Nach seinem Tod versuchten einige seiner Gegner, die Aufstellung einer Statue zu seinen Ehren in der Nähe der Brücke zu verhindern. Die Bronzeplastik wurde dann aber von seiner Witwe finanziert und 1941 auf der Südseite der Brücke aufgestellt. Die Witwe unterstützte auch die Inschrift "The Man who built the Bridge", eine Zuschreibung, die in der Retrospektive zumindest überzogen erscheint.