Brückengründungen im Wasser

Caissongründung, Kastendamm, Fangedamm, Senkkastengründung


Einer der Caissons für die Brooklyn Bridge läuft vom Stapel (New York, 1870). Der hölzerne
Senkkasten hatte ein Grundfläche von 1632 m². Seine Decke war 6,7 m stark.

Die meisten Brücken wurden und werden gebaut, weil ein Verkehrsweg auf Wasser trifft. In Bergregionen mag der Anlass auch häufig eine tiefe Schlucht sein, und in neuerer Zeit die Vermeidung höhengleicher Kreuzungen verschiedener Verkehrssysteme (z.B. Straße / Schiene), aber meistens geht es doch darum einen Fluss, einen See oder eine Meerenge zu überwinden.

Am einfachsten und elegantesten geht dies natürlich, wenn die Wasserfläche mit einem einzigen großen Sprung überbrückt werden kann, was aber nicht immer möglich ist. Die realisierbare Spannweite der verschiedenen Brückensysteme entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte nur langsam. Die technisch so versierten Römer erreichten Bogenspannweiten von max. 36 Metern. Die von der Spannweite her größte Bogenbrücke des Mittelalters war die Addabrücke bei Trezzo in der Lombardei. Sie wurde im Jahre 1377 errichtet und hatte eine Spannweite von 72 m. Dabei nahm diese Brücke aber schon eine Sonderstellung ein, denn die üblichen Spannweiten des Mittelalters waren deutlich geringer.

Die magische 100 m-Grenze eines einzelnen Frückenfeldes wurde in Europa erstmals 1820 von Samuel Brown und John Rennie beim Bau der Union-Kettenbrücke in Berwick / England überschritten.


Der Pfahlrost

Das heißt aber nicht, dass der Brückenbau bei diesen eher bescheidenen Spannweiten gänzlich Halt machte. Allerdings mussten sich die Baumeister und Ingenieure der verschiedenen Epochen dann aber mit der Frage beschäftigen, wie man einen Brückenpfeiler mitten im offenen Wasser gründen kann.

Darstellung eines Kastendammes aus verzahnten Balken von Leonardo da Vinci

Um ein Fundament in einem Flussbett zu errichten braucht man vor allem eine trockene Baugrube. Man begann die Gründungsarbeiten daher möglichst im Sommer bei niedrigem Wasserstand. Wenn man die Zeit hatte auf eine ausgedehnte Trockenperiode zu warten, konnten die Fundamente manchmal in einer fast wasserfreien Baugrube hergestellt werden. Die eigentliche Gründung erfolgte in vorindustrieller Zeit meist durch einen hölzernen Pfahlrost, der auf dicht nebeneinander eingeschlagenen Rammpfählen gelagert wurde. Auf dem Pfahlrost, den man sich wie ein liegendes Fachwerk vorstellen kann, wurde der Brückenpfeiler aufgebaut und rundherum zusätzlich mit großen Steinen gesichert. Solche Konstruktionen waren allerdings nicht sehr tief und daher anfällig gegen Unterspülung. Viele auf diese Weise gegründete Brücken stürzten daher bei Hochwasser ein. Immer wieder musste zur Kenntnis genommen werden, dass ein Bauwerk nur so beständig ist wie sein Fundament.

Ein naheliegender Gedanke ist natürlich auch die Umleitung des ganzen Fluss während der Bauarbeiten. Und tatsächlich hat man das gelegentlich gemacht. Bei den wirklich großen Strömen wie Rhein, Mosel, Donau usw. war die Umleitung auf Grund des gewaltigen Aufwandes aber undurchführbar. Außerdem waren die meisten Brücken in Städten oder deren unmittelbarer Umgebung zu bauen und dort war für eine Umleitung meistens der benötigte Platz nicht vorhanden. Um in einer solchen Lage dennoch eine Brücke zu bauen, wurden zwei grundsätzliche technische Verfahren entwickelt: der Kasten- oder Fangedamm Vom englischen Fachbegriff "coffer dam" abgeleitet, wird das Verfahren fälschlich auch als "Kofferdamm" bezeichnet und der Senkkasten. Beide Verfahren eignen sich aber nicht nur zum Bau von Brückenpfeilern, sondern natürlich auch für Leuchttürme, Hafenanlagen etc.


Der römische Kastendamm

Ein Kastendamm besteht aus einem oben und unten offenen, runden oder eckigen Kasten, dessen Seitenwände auf die eine oder andere Weise wasserdicht gemacht wurden. Der Kasten kann an Land vorgefertigt werden oder am vorgesehenen Standort durch Einrammen von Spundbohlen hergestellt werden. Anschließend wird das Innere des Kastens ausgeschöpft oder leergepumpt, sodass man eine trockene Baugrube erhält.

Diese Technik beherrschten bereits die Römer so gut, dass sie Brücken über den Tiber und später über wesentlich breitere Ströme ihres Imperiums bauen konnten. Die genaue Herstellung einer solchen Gründung ist uns durch den römischen Militäringenieur und Architekten Marcus Vitruvius Pollio, besser bekannt als Vitruv, erhalten geblieben. Vitruv lebte etwa von 65 - 10 v.Chr. und beschrieb in seinem umfassenden Werk Zehn Bücher über die Architektur" Tatsächlich haben die Römer im 1. Jhd. das Buch erfunden (nicht aber den Buchdruck). Die Seiten aus Papyrus waren beidseitig beschrieben und die Buchdeckel bestanden aus Holz. unter anderem auch die Herstellung eines Kastendammes.

Die Arbeit an einem römischen Kastendamm begann damit, dass man zwei Reihen unten zugespitzter Baumstämme dicht an dicht, kreisförmig oder oval, möglichst tief in das Flussbett einrammte. Dafür wurden jeweils zwei Baumstämme im Abstand von ca. 0,5 m miteinander verklammert und gemeinsam eingerammt. Am Ende hatte man einen doppelwandigen Ring, in dessen Zwischenraum Lehm oder Ton gefüllt wurde. Nachdem dieser fest eingestampft war, konnte das Wasser aus dem Inneren des Kastendammes ausgeschöpft werden. Da die Römer schon über Wasserräder und Schöpfwerke verfügten, die vom fließenden Wasser ähnlich wie eine Mühle angetrieben wurden, konnten sie die Baugrube ohne große Mühe trocken legen.

In der weitgehend trockenen Baugrube konnten sie die Gründungssohle weiter bearbeiten. Aller Schlamm, Sand und Kies musste nun aus dem Inneren des Kastens entfernt werden, möglichst bis auf den tragfähigen Untergrund. Reichte die zu beseitigende Schicht tiefer als der Kastendamm hoch war, gelang dies jedoch nicht. Um dennoch ein stabiles Planum für den Pfeiler zu erhalten, wurden möglichst dicht nebeneinander Pfähle in das Flussbett gerammt und oben auf gleicher Höhe abgeschnitten. Zur besseren Lastverteilung wurden darauf Sohlschwellen oder ein Schwellenrost aufgelegt, auf dem der massive Steinpfeiler aufgebaut werden konnte. Eine weitere Voraussetzung für ein solides Brückenfundament war der römische Beton Opus Caementitium, der auch unter Wasser dauerhaft fest war.

Der Druckluftschacht von Jacques Triger
zum Absenken einer Kohlegrube
im Loiretal (1841)

Vitruv beschreibt in seinem Lehrbuch auch alternative Bauweisen, falls die benötigten Materialien an Ort und Stelle gerade nicht verfügbar waren. Das römische Imperium war sehr groß und die Bauanleitung musste universell anwendbar sein.


Der Kastendamm im Mittelalter und Heute

Nach dem Untergang des römischen Reiches gerieten Kastendamm und wasserfester Zement zunächst in Vergessenheit. Das Fehlen dieser entscheidenden Schlüssel war einer der Gründe, warum in den nächsten 1000 Jahren keine Brücken über die großen europäischen Ströme gebaut werden konnten. Eine Wiederbelebung des Brückenbaus setzte erst im 12. Jahrhundert mit den Steinbrücken in Würzburg, Regensburg und Dresden ein. Allerdings wurde bei den Gründungsarbeiten für diese Brücken noch auf eine besonders trockene Wetterperiode gewartet.

Im Hochmittelalter wurde der Kastendamm aber wieder entdeckt, bzw. neu erfunden und bald auch verbessert. Es existieren Zeichnungen von Leonardo da Vinci aber auch andere Darstellungen aus dem Mittelalter, die uns einen Kastendamm mit schwalbenschwanzförmig verzahnten Holzbalken zeigen. Bei dieser Bauweise konnte auf das langwierige Abdichten mit Ton verzichtet werden.

Der Kastendamm oder Fangedamm wird auch heute noch sehr oft verwendet, da er im Vergleich zur Senkkastengründung in der Regel billiger ist. Am häufigsten kommen stählerne Spundbohlen oder Kanaldielen zum Einsatz, die beim Einrammen miteinander verzahnt werden und eine dichte Umfassung der Baugrube bilden. Dabei muss eventuell nachfliesendes Wasser natürlich ständig aus der Baugrube gepumpt werden. Dem Einsatz von Spundwänden sind in Bezug auf die erreichbare Tiefe aber technische Grenzen gesetzt.


Die Caisson- oder Senkkastengründung

Der Senkkasten wird international meist als Caisson bezeichnet, was aber zu einer gewissen Verwirrung der Begriffe führt, da das französische Wort "Caisson" einfach "Kasten" bedeutet. Grundsätzlich wird bei einer Caissongründung ein an Land vorgefertigter oben oder unten offener Kasten zur Baustelle geschwommen und dort an der vorbereiteten Stelle abgesenkt. Auf diesem bzw. in diesem wird dann der Brückenpfeiler aufgebaut. Eine Senkkastengründung kann mit oder ohne Verwendung von Druckluft erfolgen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter einer Caissongründung allerdings ein Verfahren mit Verwendung von Druckluft.

Eine der ersten Anwendungen eines Senkkastens ist im Jahre 1739 für den Bau der Westminster Bridge in London belegt. Diese Brücke führt direkt bei den Houses of Parliament und dem "Big Ben" über die Themse. Der Schweizer Charles Labelye erhielt den Auftrag die steinerne Brücke zu errichten, nachdem er den Verantwortlichen mehrmals erläutert hatte, wie er mit seinem neuartigen Verfahren die 14 Pfeiler im Fluss zu gründen gedachte.

Labelye ließ einen großen oben offenen, aber unten geschlossenen Kasten aus Holz anfertigen, der auf dem Fluss in die vorgegebene Position gebracht wurde. Dann begann man im Inneren des Kastens mit der Herstellung des ersten Brückenpfeilers. Durch das Gewicht der Steine sank der Kasten langsam auf den vorher ausgebaggerten Grund des Flusses ab. Die Seitenwände des Kastens waren natürlich etwas höher als der Fluss tief war. Nach der Fertigstellung des ersten Pfeilers wurden die Seitenwände entfernt und für den nächsten Pfeiler wiederverwendet. Der Boden des Kastens verblieb jedoch unter dem Fundament.

Noch vor Beendigung der Bauarbeiten kam es zum Kippen und Absinken eines Pfeilers. Labelye begegnete der Zerstörung der Brücke mit der Abtragung des Überbaus, Verstärkung des Pfeilers und Wiederherstellung des Überbaus in einer gewichtsparenden Bauweise. Die Brücke konnte schließlich 1750 fertig gestellt werden und existierte bis 1854, als mit dem Bau der bis heute bestehenden Eisenbrücke begonnen wurde.


Caissongründungen mit Druckluft

Im Jahre 1841 war der französische Ingenieur Jacques Triger (1801-1868) bei Chalonnes im Loiretal damit beschäftigt einen Kohleschacht abzuteufen. Dabei machte ihm das ständig nachfließende Wasser der Loire erheblich zu schaffen und brachte ihn schließlich auf eine Idee. In seinem Abschlussbericht an die Französische Akademie der Wissenschaften vermerkte er:

Brunels Royal Albert Bridge in Saltash / England (1854). Der Mittelpfeiler wurde mit
einem Druckluftsenkkasten 25 m unter dem Wasserspiegel des Tamar gegründet.

"Da es nun nicht möglich war, das Wasser meines Schachtes auszuschöpfen, was eben so viel geheißen hätte, als den Fluß ausschöpfen zu wollen, so kam ich auf den Gedanken es mittelst comprimierter Luft zurückzudrücken und dieses Verfahren übertraf alle meine Erwartungen".

Durch die eingeblasene Druckluft wurde das Wasser aus dem Schacht verdrängt und die Arbeiten konnten ohne große Probleme zu Ende gebracht werden. Es lag auf der Hand, dass dieses Verfahren natürlich auch zum Bau von Hafenanlagen, Leuchttürmen und Brückenpfeilern im Wasser hervorragend geeignet ist. Trigers Erfindung ist bis heute der Ursprung für Druckluftgründungen aller Art und machte ihn in Frankreich immerhin so berühmt, dass sein Name auf dem Eiffelturm verewigt wurde. Diese Ehre wurde nur den 72 bedeutendsten französischen Ingenieuren und Wissenschaftlern zuteil.


Unterdruck- und Überdruckgründungen

Bis zum ersten Einsatz der Druckluftgründung im Brückenbau verging aber noch ein ganzes Jahrzehnt, während zunächst ein abgewandeltes Verfahren Furore machte. Bei diesem Verfahren, das erstmalig 1847 beim Bau einer Eisenbahnbrücke auf der walisischen Insel Angelsey eingesetzt wurde, wird im Wechsel mit Überdruck und Unterdruck gearbeitet. Gusseiserne Röhren mit einem Durchmesser der so groß ist, dass Männer darin arbeiten können, werden in das Flussbett gerammt. Die obere Öffnung des Rohres luftdicht verschlossen und die Luft herausgesaugt, sodass ein Unterdruck entsteht. Dadurch wird das Wasser welches das untere Ende des Rohres umgibt in das Innere gespült und damit auch das umgebende Substrat wie Sand, Kies oder Lehm in das Rohr befördert. Dabei sinkt das Rohr je nach Bodenbeschaffenheit um einige cm bis mehrere dm ab. Nun wird ein Überdruck erzeugt, der das Wasser aus dem Rohr verdrängt und es den Arbeitern ermöglicht das eingeschwemmte Material herauszuholen. Dieser Vorgang wird so oft wiederholt, bis die erforderliche Tiefe erreicht ist. Dieses Unterdruck/Überdruck-Verfahren hat den Nachteil, dass es nur bei sehr homogenem Untergrund wie Moor, Sand, Kies usw. einsetzbar ist. Sobald das Rohr auf große Steine oder einen quer liegenden Baumstamm trifft, kann die Gründung auf diese Weise nicht ohne weiteres fortgesetzt werden.

Im Jahre 1851 sollte dieses Verfahren auch beim Bau der Medway Brücke in Rochester/ England zum Einsatz kommen. Nach anfänglich gutem Fortschritt traf man jedoch überraschenderweise auf die Fundamente einer römischen Brücke. Da man so nicht weiter kam, stellte man auf die Druckluftgründung in einem Caisson um und konnte die Mauerreste problemlos entfernen. Dies war die erste Verwendung von Trigers Druckluftverfahren im Brückenbau.

Isambard Kingdom Brunel setzte die Druckluftgründung beim Bau der Royal Albert Bridge (1854) in Saltash / England erfolgreich ein. Der mittlere Brückenpfeiler musste mitten im Flussbett des Tamar gegründet werden und zwar in einer Tiefe von etwa 25 Metern. Brunel baute eine doppelwandige Eisenröhre mit einem Durchmesser von 11,4 m und einer Länge von 27,4 m. Allerdings kam es durch die große Tiefe und dem dadurch erforderlichen Überdruck zu gesundheitlichen Problemen bei einigen Arbeitern. Einer von ihnen starb sogar an Luftembolie als Folge des fehlenden Druckausgleichs. Bei anderen zeigten sich Symptome wie Blutungen aus Ohren und Nase, Gelenkschmerzen und Lähmungserscheinungen. Die medizinischen Ursachen für diese Probleme wurden zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vollständig verstanden.


Druckluftgründungen im Brückenbau

Im Brückenbau setzte sich in den kommenden Jahrzehnten das Druckluftverfahren unter Verwendung von vorgefertigten Caissons durch. Dabei wird zunächst ein unten offener Hohlkasten an Land vorgefertigt, mit Schiffen zum vorgesehenen Standort des Pfeilers geschwommen und dort bis auf den Grund des Flusses abgesenkt. Manchmal bestanden diese Senkkästen aus Holz. Sie wurden nach seemännischer Tradition durch "Kalfatern" mit Teerstricken oder Baumwollstreifen abgedichtet. Im Laufe der Zeit wurden die Caissons aber vorwiegend aus Gusseisen, Stahl oder Stahlbeton hergestellt. Die Senkkästen haben an der Unterseite schneidenförmige Aufstandsflächen, mit denen sie nach dem Absenkvorgang im Flussbett aufsitzen. Durch Einblasen von Druckluft wird im Inneren des Kastens dann ein Überdruck erzeugt, der das Wasser verdrängt und somit einen trockenen Arbeitsraum schafft. Die überschüssige Luft wird mit dem Wasser unter den Seitenwänden des Kastens verdrängt und sorgt dafür, dass an der Wasseroberfläche ständig Luftbläschen aufsteigen. Wenn der Überdruck ausreichend ist, betreten die Arbieter den Arbeitsraum über Schleusen und beginnen damit, Schlamm und Geröll aus dem Inneren des Kastens zu entfernen. Der Abraum wird über Materialschleusen nach oben ausgetragen, wofür schon früh maschinelle Hilfsmittel wie z.B. Eimerketten verwendet wurden.

Erstmals beim Bau der Rheinbrücke bei Kehl für die Eisenbahn (1859) wurde gleichzeitig auf der Oberseite des Senkkastens der massive Sockel für den Brückenpfeiler aufgemauert. Durch die Masse des Aufbaus und das gleichzeitige Abgraben des Materials im Kasten kommt es an den Außenrändern des Caissons im Bereich der Schneiden zu sogenannten "lokalen Grundbrüchen", wodurch der Kasten immer weiter nach unten absinkt. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis tragfähiger Untergrund erreicht wird.

Auch die Caissons der Firth of Forth Bridge / Schottland (1870)
hatten schon getrennte Schächte für Mensch und Material

Bei besonders ungünstigen Bodenverhältnissen war es manchmal sogar erforderlich, im Caisson zu sprengen. So z.B. 1870 beim Bau der Brooklyn Bridge, als man auf große inhomogene Gesteinsmassen traf und pro Woche nur noch 15 cm an Tiefe gewann. Damit der Caisson in horziontaler Lage abwärts sinkt und nicht kippt, werden an den Eckpunkten der Oberseite Höhenmesseinrichtungen angebracht, um die Lage zu kontrollieren. Wenn der Senkkasten auf festem Untergrund die Endposition erreicht hat, wird er komplett mit Mauerwerk oder Beton verfüllt. Vorher werden natürlich die Schächte und alle Gerätschaften zur Belüftung und Beseitigung des Materials aus dem Kasten entfernt. Auch bei der Druckluftgründung kann bei unzureichenden Bodenverhältnissen unterhalb des Caissons eine zusätzliche Pfahlgründung angeordnet werden.

In Deutschland wurde Die Druckluftgründung wurde aber von französischen Ingenieuren und einer französischen Baufirma ausgeführt die Druckluftgründung 1859 erstmals beim Bau der Rheinbrücke zwischen Kehl und Straßburg eingesetzt. Dabei wurden zum ersten Mal auch getrennte Schächte für die Arbeiter und das Aushubmaterial verwendet, wodurch die Arbeitssicherheit deutlich erhöht werden konnte. Der Abraum wurde mit einer Eimerkette aus dem Kasten entfernt, der durch einen separaten, mit Wasser gefüllten Schacht lief.

Erst im zweiten Versuch gelang es 1883 den Leuchtturm "Roter Sand" vor der Wesermündung auf einem Senkkasten in 24 m Wassertiefe zu gründen. Zwei Jahre vorher war der erste Caisson beim Versuch ihn abzusenken von einem Sturm zerstört worden. Der Leuchtturm gilt als das erste Offshore-Bauwerk der Welt.


Gesundheitsrisiken bei Druckluftgründungen

Historische Beschreibungen der Arbeitsbedingungen in einem Caisson lassen erahnen, dass es sich dabei um eine außerordentlich gefährliche und anstrengende Tätigkeit handelte. Anfangs mussten die Arbeiten bei Petroleumbeleuchtung, nur mit Schaufeln und Hacken verrichtet werden. Und das natürlich bei wesentlich längeren Arbeitszeiten als heute üblich. Je tiefer der Caisson sinkt, umso größer werden natürlich die Wassertiefe und somit auch der Wasseraussendruck. Das bedeutet, dass man im Inneren des Caissons den Überdruck entsprechend erhöhen muss, damit der Arbeitsraum trocken bleibt. Die Einsatzgrenze für dieses Verfahren wird bei einem Überdruck von 3 bar angesetzt, was einer Wassertiefe von 30 m entspricht. Bei noch größerem Druck nimmt die menschliche Leistungsfähigkeit überproportional ab und es kommt unweigerlich zu ernsthaften Gesundheitsschäden.

Bei Überdruckarbeiten müssen unbedingt bestimmte Zeiten für das Absenken des Drucks nach Verlassen des Senkkastens (Ausschleusen) eingehalten werden. Der menschliche Organismus benötigt eine gewisse Zeit um den Druckunterschied zu verkraften. Werden diese Regeln missachtet oder kommt es zu einem plötzlichen Druckabfall im Senkkasten, muss mit erheblichen gesundheitlichen Schäden bis hin zum Tod gerechnet werden. Die Notwendigkeit einer ausreichenden Dekompression spielt auch für Taucher eine große Rolle. Die Folgen des ungenügenden Druckausgleichs nennt man daher heute meist "Taucherkrankheit".

Beim Bau der Brooklyn Bridge (1870) kam es zu mehreren Toten und Verletzten durch den Überdruck. Und das, obwohl in Europa zu diesem Zeitpunkt schon viele Erfahrungen über dieses Phänomen vorlagen. Selbst Washington Roebling, einer der "Väter" der Brooklyn Bridge, blieb davon nicht verschont. Roebling stieg häufig in den Caisson hinab um den Fortschritt der Bauarbeiten zu überwachen. Nach einem Brand im Caisson blieb er viel zu lange in der Druckluft und erkrankte schwer an den Folgen der Dekompressionskrankheit. Er überlebte zwar, blieb aber für den Rest seines Lebens querschnittgelähmt.

James Buchanan Eads war zur gleichen Zeit dabei, in St. Louis die erste Brücke über den Mississippi zu errichten. Schon bei der Gründung des ersten Brückenpfeilers gab es 12 Todesfälle zu beklagen sowie eine erhebliche Anzahl Verletzter. Eads Arzt versorgte die betroffenen Arbeiter teilweise direkt im Caisson und zeigte schließlich selbst Symptome der Krankheit. Er erkannte schließlich, dass nur eine langsame Dekompression vor der Krankheit schützt und ordnete entsprechende Sicherheitsmaßnahmen an. Als die Gründung des letzten Widerlagers vollendet war, gab es nur noch einen weiteren Todesfall zu beklagen, obwohl die Gründungstiefe mit über 40 m weit größer war als beim ersten Pfeiler und die heute zulässige Tiefe für Druckluftarbeiten übersteigt.

Nach diesen Erfahrungen in Europa und Amerika waren die Gefahren der Caissongründung allgemein bekannt und es wurden Sicherheitsvorschriften erlassen, die zu einer deutlichen Reduzierung des Risikos führten. Allerdings nahm die Zahl der Senkkastengründungen in der Folgezeit stetig zu und das Verfahren wurde auch beim Bau von U-Bahnen, Hafenanlagen und im Tunnelbau eingesetzt. Für die Arbeiter blieb die Tätigkeit im Caisson gefährlich und es kam durch Unachtsamkeiten oder technische Defekte mit spontanem Druckverlust immer wieder zu tragischen Unfällen. Beim Bau des ersten Elbtunnels in Hamburg (1906-1910) gab es z.B. drei tote Arbeiter und mehrere Verletzte als Folge der Caissonkrankheit zu beklagen.

Die Ursachen der Dekompressionskrankheit wurden im Jahre 1878 von dem französichen Physiologen Paul Bert wissenschaftlich nachgewiesen. Als Ergebnis seiner Studien empfahl er den Druckunterschied langsam und in mehreren Stufen auszugleichen. Bert stellte auch fest, dass sich die Symptome der Krankheit sehr schnell durch eine erneute Erhöhung des Drucks lindern ließen. Seine Erkenntnisse führten im Jahre 1893 zur Entwicklung einer Rekompressionskammer, die erstmals beim Bau des Hudson-Tunnels in New York zum Einsatz kam.


Unterwassergründungen heute

Ein Caisson für die Mackinac Straits Bridge wird abgesenkt. Der äußere Ring ist mit
Steinmaterial gefüllt, damit er leichter nach unten sinkt. Der gesamte Caisson
wurde aus einzelnen Zylindern hergestellt, die am vorgesehenen
Standort übereinander gestapelt wurden.

Die Entwicklung neuer und besserer Arbeitsgeräte und leistungsfähigerem Hebezeug führte dazu, dass heute nur noch selten Arbeiter in einen Caisson geschickt werden. In Deutschland kommen heute nur noch wenige Druckluftbaustellen zur Ausführung, ein großer Teil davon in Hamburg. Vorzugsweise werden Gründungen im offenen Wasser heute meistens unter Verwendung von Kastendämmen durchgeführt. Ist dies auf Grund der erforderlichen Tiefe nicht möglich, werden nach Möglichkeit vorgefertigte Senkkästen verwendet. Diese sind oben und unten offen, damit man sie von oben ausbaggern kann.

Beim Bau der Mackinac Straits Brücke (1955) wurde der Senkkasten aus doppelwandigen, übereinander gestapelten Stahlzylindern von jeweils 13,4 m Höhe hergestellt. Der Zwischenraum zwischen den beiden Stahlwänden wurde mit Steinmaterial gefüllt um den Zylinder am vorgesehenen Standort abzusenken. Der unterste Zylinder hatte dabei eine schneidenförmige Unterkante, damit er in den weichen Untergrund der Mackinac-Straße einsinken konnte. Die folgenden Zylinder wurden nacheinander darauf gestapelt, bis die erforderliche Höhe über dem Wasserspiegel erreicht war. Anschließend wurde das Wasser ausgepumpt und das lose Bodenmaterial aus dem Innenraum ausgebaggert. Schließlich wurden die Zylinder von innen miteinander verschweißt und dann der ganze Hohlraum mit Beton ausgegossen.

Auch die Pylone der Akashi Kaikyo Brücke in Japan (1988) wurden auf Senkkästen gegründet. Der tragfähige Untergrund auf dem Meeresboden lag in einer Tiefe von ca. 60 m. In einem Stück wurden kreisrunde Senkkästen in einem Trockendock vorgefertigt, auf denen später die beiden 280 m hohen Türme errichtet wurden. Die beiden Caissons bestanden aus 67 m hohen Stahlzylindern mit Durchmessern von 80 m. Sie wurden mit Schleppkähnen an die vorgesehene Stelle transportiert, auf den Meeresboden abgesenkt und anschließend komplett mit einem wasserfesten Beton verfüllt.

Quellen:
  • "Sitzungsbericht der naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS in Dresden", 1868
  • Jacques Triger, "Ueber einen Luftcompressions-Apparat zum Absinken von Bergwerkschächten unter Wasser", 1845
  • Rudolf Floss: "Fundierung alter Brücken"
  • Wilhelm Westhofen: "The Forth Bridge", 1890
  • Sven Ewert: "Brücken - Die Entwicklung der Spannweiten und Systeme"
  • David J. Brown: "Brücken - Kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere"
  • Dirk Bühler: "Brückenbau - Deutsches Museum München"
  • Charlotte Jurecka: "Brücken - Historische Entwicklung, Faszination der Technik"
  • Klaus Stiglat: "Brücken am Weg"
  • Fritz Leonhardt: "Brücken - Ästhetik und Gestaltung"
  • Hans Wittfoht: "Triumph der Spannweiten"
  • "Handbuch der Ingenieur-Wissenschaften", 1863
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