Grand Pont Suspendu

"Große Hängebrücke" oder "Zähringer Brücke"

Freiburg im Üechtland / Schweiz


Blick über die Brücke und die Saaneschlucht. Im Vordergrund das stadtferne Portal in dorischem Architekturstil.

Bei seiner Verkehrsfreigabe im Jahr 1834 war der Grand Pont Suspendu die größte Brücke der Welt. Mit ihrer Spannweite von 273 m zwischen den Pylonspitzen übertrumpfte sie Thomas Telfords legendäre Menai Straits Bridge in Wales gleich um 55%.

Die "Große Hängebrücke" im schweizerischen Freiburg frz.: Fribourg war der erste deutliche Hinweis für die Überlegenheit von Drahtseilen gegenüber Ketten. Dennoch wurden in Deutschland, Österreiche und Großbritannien noch mehrere Jahrzehnte lang vorwiegend Kettenbrücken gebaut.


300 m breit und 50 m tief: das Tal der Saane

Die Stadt Freiburg im Üechtland ist von großen topografischen Höhenunterschieden geprägt. Die Saane, frz.: Sarine sowie die im Stadtbereich einmündende Galtera frz.: Gottéron schneiden tiefe Schluchten in das Geländeprofil, die sowohl den innerstädtischen Verkehr als auch die Kommunikation mit der Außenwelt erheblich erschwerten. Insbesondere für die Verbindung mit Bern und dem deutschsprachigen Teil der Schweiz waren die Verkehrsverhältnisse Anfang des 19. Jhd. sehr beschwerlich. Für den später durch die Brücke verkürzten Weg benötigte ein Fuhrwerk ca. 1 Stunde über bis zu 15% steilen Serpentinen, erst bergab und dann wieder bergauf. Gerade im Winter war diese Strecke daher für Mensch und Tier sehr beschwerlich und auch nicht ganz ungefährlich.

Seitenansicht des Portals, Seilverlauf und Verankerung der Kabel im Felsen.
Unten angedeutet: der Verbindungstunnel zwischen Ufer und Ankerkammern.

1824 gründeten die Stadtväter eine Kommission mit dem Ziel, auf Höhe der Stadt eine Brücke über das Saanetal zu errichten. Die Politiker waren von der ökonomischen Notwendigkeit des Brückenbaus für die weitere Entwicklung der Stadt überzeugt. Allerdings stellte das Tal der Saane mit 50 m Höhe und fast 300 m Breite an der engsten Stelle, für die damalige Zeit eine enorme Herausforderung dar. Die Kommission prüfte mehrere Vorschläge, die jedoch mit Kosten zwischen 500.000 und 800.000 florins die Möglichkeiten Freiburgs weit überstiegen.

Die Stadt gab den Plan aber nicht auf und lud im Februar 1830 den Franzosen Joseph Chaley nach Freiburg ein, um sich neue Vorschläge unterbreiten zu lassen. Warum sich die Stadtväter in dieser wichtigen Personalfrage an den bis dahin praktisch unbekannten Chaley wandten, ist nicht überliefert. Naheliegend wären eigentlich die im Hängebrückenbau erfahrenen Brüder Seguin oder Henry Vicat gewesen. Chaley präsentierte zwei Vorschläge für Kabel-Hängebrücken, wovon einer zwei Felder mit jeweils 120 m Spannweite und einem über 50 m hohen Mittelpfeiler vorsah. Der zweite Vorschlag sollte nur eine einzige Spannweite von 250 m Länge haben und damit die Menai Strait Bridge, bis dahin die größte Brücke der Welt, erheblich übertreffen.


Chaley trifft eine mutige Entscheidung

Chaley bot der Stadt beide Varianten zu den gleichen finanziellen Konditionen an. Er verlangte 207.000 Schweizer Franken (300.000 florins) für die Herstellung der Brücke und zusätzlich die Einnahmen aus dem Brückenzoll für die ersten 40 Betriebsjahre. Die Stadt erteilte Chaley daraufhin den Auftrag und überließ es ihm selbst, die Ausführungsvariante festzulegen. Entgegen den Ratschlägen vieler Kollegen, selbsternannter Fachleute und der Freiburger Öffentlichkeit, entschied sich Chaley überraschend für die große Spannweite, den 'Grand Pont Suspendu'. Das war eine ausgesprochen mutige Entscheidung, denn man muss sich vor Augen führen, dass Chaley bis dahin niemals eigenverantwortlich eine Hängebrücke gebaut hatte, sondern lediglich bei Marc Seguin assistiert hatte. Und nun, bei seinem ersten eigenständigen Projekt, beabsichtigt er nicht weniger als gleich die größte Brücke der Welt zu bauen.

Chaley hielt sich bei einigen technischen Details an Methoden und Techniken die Louis Vicat, bzw. Guilleaume Henri Dufour verwendet und teilweise auch veröffentlicht hatten. Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1832 mit der Herstellung der Portale und der Ankerkammern. Die Gründung der Portale war weitgehend problemlos, weil auf beiden Seiten der Schlucht unmittelbar Fels ansteht. Die Portale in dorischem Architekturstil waren 22,20 m hoch und knapp 14 m breit. Der Torbogen hatte eine freie Durchfahrtsbreite von 5,86 m.

Der französischen und schweizerischen Tradition entsprechend, entschied sich Chaley bei allen seinen Brücken gegen Ketten und für Drahtkabel. International gesehen war zu dieser Zeit der Kampf der Systeme im Hängebrückenbau aber keineswegs entschieden. Insbesondere Großbritannien und Deutschland vertrauten eher auf Ketten. Mit zunehmenden Spannweiten hatten beide Systeme mit diversen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Problem hatten beide Verfahren aber gemeinsam: mit den größeren Spannweiten wurden auch die Kabel bzw. Ketten immer schwerer und es wurde immer komplizierter, sie ohne Beschädigungen auf die Pylone zu bekommen.


Die Herstellung der Kabel nach Vicat


Aufhängung des Trägers mit
vertikalen Hängern an
den Hauptkabeln

Um das Gewicht des in einem Arbeitsgang zu verlegenden Kabels zu reduzieren, teilte man die Drähte der beiden Hauptkabel in zwei gleich starke Bündel auf. Insgesamt bestand die Aufhängung also aus zwei Kabelpaaren, bzw. vier Kabeln mit Durchmessern von jeweils 13-14 cm. Jedes Hauptkabel bestand aus 1.056 Drähten mit Durchmessern von 3,08 mm. Jeder einzelne Draht hatte eine theoretische Belastbarkeit von 610 kg Heute würde man natürlich sagen: die Bruchfestigkeit lag bei knapp 6 kN je Draht (610 kg * 9,81 m/s² = 5.984 kg*m/s² = 5.984 N = 5,98 kN). Die vier Tragkabel hatten zusammen also eine rechnerische Tragfähigkeit von 25.260 kN.
Man hätte die Brücke daher theoretisch mit einer Masse von 2.576.520 kg belasten können. Das entspricht etwa 1.840 modernen PKW. Allerdins hätten nur ca. 200 Autos auf dem Fahrbahnträger (inkl. Gehwegen) Platz gefunden.
. Zur besseren Handhabung wurden die Drähte jedes Hauptkabels zu zehn Strängen (Litzen) zusammengefasst, die aus 6 x 56 und 4 x 48 Einzeldrähten bestanden.

Chaley bediente sich bei der Kabelmontage eines Verfahrens, das zuerst Vicat angewendet und beschrieben hatte. Die einzelnen Kabelstränge wurden an den flachen Ufern der Saane gebündelt und auf einer Trommel aufgewickelt. Das Aufwickeln geschah in der Weise, dass man den Mittelpunkt der Litze zuerst über die Trommel schlug und anschließend durch Drehen der Trommel die gesamte Seillänge aufwickelte. Anschließend positionierte man die Trommel unterhalb der Stelle, an der sich später der Mittelpunkt des Fahrbahnträgers befinden sollte. Die beiden Enden des Kabelstranges zog man dann an Seilen nach oben, wobei sich das Kabel nach und nach von der Trommel abwickelte. Die Seilenden wurden erst über die Pylone und anschließend in Richtung der Ankerkammern gezogen. Nachdem sich das Kabel vollständig von der Trommel abgewickelt hatte, stieg es in die Höhe, bis es in der endgültigen Position war und den richtigen Seildurchhang hatte.

Um den Seildurchhang exakt auf das berechnete Maß zu bringen, hatte man an beiden Portalen Markierungen angebracht, mit deren Hilfe man den tiefsten Punkt des Kabels einfluchten konnte. In dieser Position wurde der Kabelstrang zunächst an einer der Pylonspitzen provisorisch fixiert, um die Drähte am anderen Ende in den Ankerkammern befestigen zu können. Nachdem dies erfolgreich beendet war, löste man die provisorische Befestigung und montierte das andere Ende des Kabelstranges auf der gegenüberliegenden Uferseite in der dafür vorgesehenen Ankerkammer.


Die größte Gefahr für die Drahtseile: Rost

Die Verankerungskammern lagen auf beiden Seiten 53 m hinter den Portalen und waren 14 m tief in den Felsen eingegraben. Einer der Schwachpunkte von Drahtseilen gegenüber Ketten war die größere Empfindlichkeit gegen Korrosion, weil die vielen Einzeldrähte in der Summe eine wesentlich größere Oberfläche als ein massives Kettenglied hatten und dem Rost dadurch mehr Angriffsfläche boten. Gerade der Bereich der Ankerkammern war hier besonders gefährlich für die Drähte, weil sie hier, wenn sie einmal nass geworden waren, sehr schlecht wieder abtrockneten. Es war daher unabdingbar eine Möglichkeit zur Inspektion der Drähte in den Ankerkammern zu schaffen und diese auch bei Bedarf einzeln bzw. strangweise austauschen zu können.

Um Letzteres zu ermöglichen, ließ Chaley die Hauptkabel kurz vor dem Eintritt in die Ankerkammern enden und teilte sie in zwei gleich große Stränge auf. Jeder Strang wurde dann mit einem sogenannten "Ankertau" verbunden (insgesamt also acht Ankertaue pro Uferseite). Jedes dieser Rückhaltekabel bestand aus der gleichen Anzahl Drähten wie das halbe Tragkabel (528 Stück) und hatte auch die gleiche Drahtstärke (3,08 mm). Insgesamt hatten also Tragkabel und Ankertaue die gleiche Zugfestigkeit. Die 25 m langen Rückhaltekabel wurden über Friktionsrollen tief in die Ankerkammern geführt und dort dauerhaft befestigt. Bei Bedarf konnte man somit einzelne Ankertaue austauschen, ohne das Hauptkabel auf seiner ganzen Länge zerlegen zu müssen.

Am tiefsten Punkt der Verankerungsschächte wurden die Ankertaue zu Schleifen umgebogen, durch die man Eisenstangen steckte, mit denen die Kabel unverrückbar im Fels fixiert wurden. Den enormen Zugkräften aus den Seilen stemmten sich steinerne Bögen entgegen, die man zwischen die Seitenwände der Ankerschächte gemauert hatte. Die Ankerschächte verfügten über eine Entwässerung und einen 150 m langen Tunnel, der von den Uferfelsen aus zugänglich war. So konnte man die Ankerkammern betreten und die Drähte inspizieren.

Neben der Verankerung war auch die Führung der Kabel über die Portale ein weiterer kritischer Punkt der Seilmontage. An dieser Stelle mussten die Kabel trotz des Winkels von ca. 45° in beiden Richtungen frei beweglich sein, durften aber auch an dieser sensiblen Stelle nicht durch Reibung, Knicken oder Umwelteinflüsse beschädigt werden. Chaleys Lösung für dieses Problem sah an den Spitzen der Portale drei hintereinanderliegende Friktionsrollen vor, die Durchmesser von 60 cm und Längen von 80 cm hatten. In diesem Bereich löste er die Hauptkabel in die Einzelstränge auf und ließ diese nebeneinander über die Friktionsrollen laufen. Das solle verhindern, dass sich die Drähte gegenseitig beschädigten.


Querschnitt durch den Fahrbahnträger. Links und rechts 88 cm breite Gehwege mit
Geländer. Die Fahrbahn war zur besseren Entwässerung leicht gewölbt.

Zeitgenössische Rezepte gegen die Korrosion

Wie bei allen Drahtbrücken dieser Zeit, galt es ein besonderes Augenmerk auf die Vermeidung von Korrosionsschäden zu legen. Die Rezepte mit denen man dies versuchte, waren sehr unterschiedlich und muten aus heutiger Sicht teilweise recht abenteuerlich an. Chaley ließ die Drähte vor dem Einbau zwei Stunden lang in kochendes Leinöl mit Bleiglätte und Kienruß tauchen. Nach dem Einbau erhielten die Kabel noch einen Überzug aus Leinöl und zum Schluss wurde das gesamte Eisenmaterial mit weißer Ölfarbe gestrichen, um rostende Stellen leichter erkennen zu können. Im Bereich der Friktionsrollen wurden die Kabel außerdem regelmäßig mit siedendem Baumöl übergossen um ihre Elastizität zu erhalten. In den Ankerkammern hatte man die nicht zugänglichen Bereiche außerdem mit 'fettem Kalk' ausgegossen, ein Verfahren das ebenfalls von Vicat stammte, später aber zu Problemen führen Dieses Verfahren war auch einer der Gründe für den Einsturz der Brücke in Angers. sollte.

Nach der Herstellung der vier Hauptkabel montierte man daran die vertikalen Hängekabel im Abstand von jeweils 1,50 m. Die beiden parallel nebeneinanderliegenden Hauptkabel trugen die Hänger gemeinsam. Die Hänger hatten Durchmesser von 2,5 cm und durch den parabelförmigen Verlauf der Kabel Längen von 18 cm bis 16,60 m. An den beiden gegenüberliegenden Hängekabeln wurde anschließend jeweils ein starker Querbalken befestigt, der die unterste Konstruktionsebene des Fahrbahnträgers bildete.

Der gesamte Träger bestand aus einem System von quer und längs verlegten Holzbalken und -dielen, die in mehreren Lagen auf dieser Grundkonstruktion aufgebaut waren. Die eigentliche Fahrbahn bestand aus fünf Zentimeter starken Bohlen, die man quer zur Fahrtrichtung verlegt hatte. Die eigentliche Fahrbahn war 4,70 m breit, plus beidseitigen Gehwegen, die jeweils 88 cm breit waren. In Längsrichtung war die Fahrbahn an ihrem Mittelpunkt 73 cm höher als an den Endpunkten; das entspricht einer Steigung (bzw. Neigung) von 0,6%. Aus entwässerungstechnischen Gründen war die Fahrbahn auch quer zur Fahrtrichtung gewölbt.


Die größte Brücke der Welt entsteht

An den äußeren Seiten des Trägers war ein ca. 1,20 m hohes Geländer aus nebeneinanderliegenden Andreaskreuzen angebracht das man zusätzlich durch vertikale Eisenstangen verstärkt hatte. Das Geländer diente aber nicht nur der Verkehrssicherheit, sondern steifte den Träger auch in Längsrichtung aus. Allerdings war das Geländer auch die einzige Versteifung des Trägers.

Im Spätsommer 1834 neigten sich die Bauarbeiten langsam dem Ende entgegen. Am 15. Oktober 1834 fand die obligatorische Belastungsprobe im Beisein einer großen Menschenmenge statt. Gerade in der Frühphase des Hängebrückenbaus kam der 'amtlichen' Probebelastung eine große Bedeutung bei. In erster Linie musste den verantwortlichen Behörden bewiesen werden, dass die (mehr oder weniger) berechnete Tragfähigkeit auch tatsächlich erreicht wurde und man die Brücke guten Gewissens freigeben konnte. Beinahe genauso wichtig war es aber auch, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen und den Menschen die Angst vor diesem ungewohnten und hochmodernen Bauwerk zu nehmen.

Es kam also darauf an, eine so große Last auf die Brücke zu bringen, wie sie im normalen Betrieb niemals zu erwarten war. Außerdem musste die Belastung so anschaulich sein, dass auch dem unbedarften Zuschauer klar wurde, dass es sich hier um eine ganz ungewöhnliche Beanspruchung der Brücke handelte. Man schickte also 15 schwere Geschütze des größten Kalibers das man auftreiben konnte, gezogen von 50 Pferden und begleitet von 300 Soldaten auf die Brücke Es ist nicht überliefert, ob es sich bei den Soldaten um Freiwillige handelte. . Nun versuchte man durch bewusst ungünstige Positionierungen der Last auf einer möglichst kleinen Fläche eine maximale Beanspruchung der Brücke zu erzeugen. Dabei soll sich die Brücke in der Mitte teilweise über einen Meter gesenkt haben, ansonsten aber keinerlei Beschädigungen erlitten haben.


Die Fachwelt blickt auf Freiburg


Abendspaziergang über die größte Brücke der Welt

Am 19. Oktober 1834 wurde die Brücke feierlich eingeweiht und gleichzeitig für den öffentlichen Verkehr freigegen. Dabei wurde sie einer weiteren Bewährungsprobe unterzogen, weil sich dabei über 2.000 Menschen gleichzeitig auf der Brücke aufhielten. Die Chronisten vermerken zudem ausdrücklich, dass die Menschenmenge zum Takt der Musik einer Militärkapelle über die Brücke marschiert sei. Dies ist umso bemerkenswerter, als etwa 3 ½ Jahre zuvor in England die Broughton Suspension Bridge unter einer marschierenden Militärkolonne eingestürzt war. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war den Fachleuten bekannt, dass eine sich im Gleichschritt bewegende Menschenmenge Resonanzen erzeugt, die eine Hängebrücke zum Einsturz bringen können.

In Freiburg stellte man am Eröffnungstag aber nur ein seitliches Ausweichen der Trägers von maximal 40 cm fest. Ansonsten hielt die Brücke Stand und konnte nun von Jedermann benutzt werden. Man kann allerdings davon ausgehen, dass ein gewisser Anteil der Bevölkerung die Brücke trotz der geglückten Probebelastung mied, sei es, weil sie noch immer kein Vertrauen in das Bauwerk hatten oder auch einfach, weil ihre Benutzung kostenpflichtig war.

Die Fertigstellung der Brücke löste in der Fachwelt weit über die schweizerischen Grenzen hinaus größtes Interesse aus, denn mit 273 m Spannweite war sie nun die größte Brücke der Welt. Gleichzeitig war sie aber auch die erste Hängebrücke mit Drahtseilen, die diesen Rekord für sich beanspruchen konnte. Den Spannweitenrekord Für ganze 67 Jahre war sie auch die größte Brücke Europas, bis Ferdinand Arnodin die Aramonbrücke über die Rhone vollendete. konnte sie 15 Jahre lang behaupten, bis 1849 die Whelling Bridge in Ohio - ebenfalls eine Hängebrücke mit Drahtseilen - fertiggestellt wurde.

Für Joseph Chaley war der Bau des Grand Pont Suspendu der Beginn einer großen Karriere als Brückenbauer. Von der Stadt Freiburg erhielt er im Jahr 1840 den Auftrag, eine weitere Hängebrücke im Stadtgebiet über das Tal der Galtera zu bauen. Die Brücke wurde nach ganz ähnlichen Prinzipien errichtet wie die Saanebrücke und im Jahr 1842 dem Verkehr übergeben. Die beiden Hängebrücken waren über viele Jahrzehnte unfallfrei in Betrieb und erlebten gemeinsam auch den Beginn des Automobilzeitalters in der Schweiz.

Nachdem im April 1850 im französischen Angers die Basse-Chaine-Hängebrücke Die Basse-Chaine-Brücke war ebenfalls von Joseph Chaley gebaut worden. Ihr Einsturz war eine der größten Katastrophen im Brückenbau, denn es kamen über 200 Menschen dabei ums Leben. eingestürzt war, wurden alle Drahtseilhängebrücken mit ähnlichen Verankerungen eingehend überprüft. Dazu gehörte auch der Grand Pont Suspendu, bei dem man nun auch den unzugänglichen Bereich der Ankerkammern überprüfte, den man mit Kalk ausgegossen hatte. Dabei stellte man weit fortgeschrittene Korrosionsschäden an den Ankertauen fest. Durch die vorausschauende Konstruktion Chaleys konnte man die Ankerdrähte zwar leicht austauschen, aber man ließ sie nun auf der ganzen Länge offen, sodass man sie jederzeit vollständig inspizieren konnte.

Wegen des zunehmenden Verkehrs entschied man sich 1881 dazu, die Tragfähigkeit der Brücke auf 200 kg/m² zu erhöhen, indem man auf jeder Seite ein zusätzliches Kabel montierte.


Das Ende der Großen Hängebrücke


Das Leergerüst für die neue Bogenbrücke (Zähringer Brücke) über das Saanetal (1923).
Im Hintergrund ist die Große Hängebrücke noch in Betrieb.

Am 9. Mai 1919 erlangte der Pont du Gottéron traurige Berühmtheit, als er unter spektakulären Umständen teilweise einstürzte. Zu dem Unglück kam es, weil der Fahrer eines mit 30 Baumstämmen beladenen Lastkraftwagens die Verbotsschilder vor der Brücke missachtet hatte. Das Fahrzeug hatte fast das doppelte des zulässigen Gesamtgewichts und durchbrach den hölzernen Fahrbahnträger. Dabei stürzte der Träger auf einer Länge von 30 m samt LKW und Ladung 75 m in die Tiefe. Der Fahrer bezahlte seinen Fehler mit dem Leben aber zum Glück hielten sich in diesem Augenblick zumindest keine weiteren Personen auf der Brücke auf.

Da die Tragkabel unbeschädigt waren, konnten die Zerstörungen am Pont du Gottéron leicht behoben werden. Indirekt hatte das Unglück aber auch Konsequenzen für den Grand Pont Suspendu. Auch vor dem Hintergrund des zunehmenden Straßenverkehrs hatte der Einsturz das Vertrauen der Öffentlichkeit in die altehrwürdigen Hängebrücken massiv erschüttert.

Als man nur wenige Monate später viel Geld für umfangreiche Sanierungsarbeiten am Grand Pont Suspendu bereitstellen musste, fiel stattdessen die Entscheidung für den Abriss und den Neubau einer neuen Bogenbrücke aus Beton.

Während die neue Brücke in unmittelbarer Nähe des alten Bauwerkes entstand, blieb diese noch bis 1923 in Betrieb. Dann war es soweit: das historische Rekordbauwerk wurde abgetragen. Die neue Brücke, die heute meist "Zähringer Brücke" genannt wird, nahm 1924 den Betrieb auf und besteht bis heute.

Quellen: Interne Links:
  • Allgemeine Bauzeitung, Wien. [Jahrgang 1836 - Nr. 42 - Seite 341]
  • Allgemeine Bauzeitung, Wien. [Jahrgang 1836 - Nr. 43 - Seite 349]
  • Tom F. Peters: "Transitions in Engineering". Basel 1987.
  • David J. Brown: "Brücken, kühne Konstruktionen über Flüsse, Täler, Meere". München 2005.
  • Josef Brunner: "Beitrag zur geschichtlichen Entwicklung des Brückenbaues in der Schweiz". [Dissertation 1924, Seite 48]
  • Historischer Kalender, oder, der hinkende Bote; Jahrgang 1836
  • Allgemeiner Anzeiger und Nationalzeitung der Deutschen, Leipzig. [Jahrgang 1835 - Nr. 9 - Spalte 125]
  • Journal für die Baukunst, Berlin [Jahrgang 1836 - Band 9 - Seite 49]
  • Schweizerische Bauzeitung, Zürich. [Jahrgang 1923 - Band 81 - Seite 189]
  • Max Becker: "Der Brückenbau in seinem ganzen Umfange…", Stuttgart 1854; Seite 232
  • Heinzerling: "Die Brücken in Eisen", 1870
  • Pfennig-Magazin [Leipzig]. Nr. 189 vom 12.11.1836, Seite 367.
  • Morgenblatt für gebildete Stände. Nr. 232 vom 28.09.1837, Seite 932.


www.bernd-nebel.de

© Dipl.Ing. Bernd Nebel