Hohenzollernbrücke

ursprünglich auch "Nordbrücke" oder "Dombrücke"

Köln / Deutschland


Die Hohenzollernbrücke und der Dom

Im Jahre 15 oder 16 n.Chr. wurde in einer kleinen römischen Ansiedlung am Rhein Agrippina die Jüngere geboren, die spätere Frau des römischen Kaisers Claudius und Mutter Neros. Ihrem Einfluss war es zu verdanken, dass die Siedlung den Status einer römischen Kolonie erhielt und fortan den Namen "Colonia Claudia Ara Agrippinensium" führen durfte.

Bereits 80 n.Chr. wurde "CCAA", das heutige Köln, zur Hauptstadt der römischen Provinz Niedergermanien erhoben, was zu einer weiteren Aufwertung der Stadt im römischen Imperium führte. Besonders durch ihre Lage an der Grenze zum feindlichen Germanien stand die Stadt im Blickpunkt des Interesses und wurde militärisch entsprechend ausgebaut.


Die Konstantinsbrücke

Im Jahre 310 n.Chr., zur Regierungszeit Kaiser Konstantins, bauten die Römer die erste Brücke über den Rhein. Dabei handelte es sich um ein rein militärisches Bauwerk, das ausschließlich dazu bestimmt war, bei Bedarf schnell römische Truppen auf das rechtsrheinische Ufer zu bringen. Diese erste Rheinbrücke bei Köln war ca. 400 m lang und etwa 10 m breit. Sie bestand aus 20 Feldern, die auf 19 Steinpfeilern im Flussbett gegründet waren. Insgesamt 15 dieser Pfeiler konnten archäologisch nachgewiesen werden. Der Überbau der Brücke bestand aus hölzernem Fachwerk. Um den Brückenkopf auf der germanischen Rheinseite zu sichern, wurde ein Kastell errichtet, das den Namen "Castrum Divita" trug und aus dem sich das heutige Deutz entwickelte. Die Römerbrücke bestand vermutlich nur gut 100 Jahre, bis zum Einfall der fränkischen und germanischen Stämme. Allerdings gibt es auch Quellen die von einem Bestand bis ca. 960 berichten.

Sicher ist, dass es nach dem Verfall des römischen Bauwerks für viele Jahrhunderte bei Köln keine feste Brücke mehr über den Rhein gab. Obwohl Köln sich in der Folgezeit zu einer bedeutenden und reichen Handelsstadt entwickelte, musste der Verkehr über den Fluss mit Fähren und Flößen bewerkstelligt werden, die bei Hochwasser und Eisgang den Betrieb einstellen mussten. Eine Verbesserung der Verhältnisse erreichte man erst 1822 durch die Einrichtung einer Schiffbrücke zwischen Köln und Deutz, über die Fußgänger, Kutschen und Pferdefuhrwerke leicht den Rhein passieren konnten. Obwohl auch dieser Brückentyp manches Problem bereitete, wurden später noch in vielen Städten am Rhein Schiffbrücken eingerichtet.


Die Dombrücke

Neue Impulse zum Bau einer festen Brücke gab es durch das Aufkommen der Eisenbahn in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Am 7. Dezember 1835 wurde die erste deutsche Eisenbahnlinie zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet. Bereits 15 Jahre später war Köln mit den Städten Antwerpen, Aachen, Düsseldorf und Oberhausen durch das Schienennetz verbunden. Köln entwickelte sich schon sehr früh zu einem internationalen Drehkreuz des Eisenbahnverkehrs.

Aber nicht nur die Expansion der Eisenbahn lieferte Argumente zum Bau einer dauerhaften Brücke. Bereits seit 1817 war am Oberrhein die Rheinregulierung durch Johann Gottfried Tulla im Gange, die 1876 abgeschlossen wurde und den Rhein stromaufwärts bis Basel schiffbar machte. Dadurch gewann auch die Rheinschifffahrt erheblich an Bedeutung, die aber von den vielen Schiffbrücken behindert wurde. Die expandierenden Verkehrsmittel Bahn und Schiff verlangten nach neuen Brücken, die so hoch und weit gespannt waren, dass ein problemloses Kreuzen möglich war.

Die Schiffbrücke zwischen Köln und Deutz (um 1830)

Am 30. März 1850 veröffentlichte die Preußische Staatsregierung einen Aufruf für einen internationalen Wettbewerb zum Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein. Dabei wurde eine Hängebrücke favorisiert, da man noch von relativ leichten, langsam fahrenden Zügen ausging und Hängebrücken (in Deutschland insbesondere Kettenbrücken) den damaligen Stand der Technik repräsentierten. Den ersten Preis der Ausschreibung gewann Johann Wilhelm Schwedler mit dem Entwurf einer versteiften Hängebrücke, die aber trotzdem nicht zur Ausführung empfohlen wurde.

Denn schon im gleichen Jahr hatte Robert Stephenson in Wales die Britannia Brücke fertig gestellt, ein neuartiger Brückentyp, der dem immer größeren Gewicht und den dynamischen Anforderungen der Eisenbahn wesentlich besser gewachsen war als eine Hängebrücke. Das neue System wurde auch in Deutschland sofort übernommen und durch die Auflösung des Vollwandträgers in ein Gittertsystem weiter entwickelt. Zuerst durch Carl Lentze mit der Alten Weichselbrücke in Dirschau sowie der Nogatbrücke in Marienburg. Mit dem Bau ersterer wurde 1851 begonnen (Fertigstellung 1857). Diese Brücke wurde für die folgenden Jahrzehnte zum Prototyp für viele weit gespannte Eisenbahnbrücken. Auch die Überlegungen für die Kölner Brücke wurden maßgeblich von diesen Entwicklungen beeinflusst und man verwarf endgültig die Idee einer Hängebrücke.

Die preußische Staatsregierung lies von ihrem "Baurath" Wallbaum einen neuen Entwurf ausarbeiten, der wie die Dirschauer Brücke einen versteiften Gitterträger für ein zweispuriges Gleis und eine Straße für Fußgänger und Pferdefuhrwerke vorsah. Der Entwurf für diese Brücke wurde noch mehrmals überarbeitet, sogar noch nach der Grundsteinlegung durch König Friedrich Wilhelm IV, am 3. Oktober 1855. Die staatliche Bauüberwachung wurde dem renommierten Wasserbauinspektor Hermann Lohse übertragen, der bereits mit Lentze an der Dirschauer Weichselbrücke gearbeitet hatte.


Die "Muusfall" wird eingeweiht

Die unmittelbare Nähe zum Dom, dessen abschließende Bauphase seit 1842 lief (Einweihung am 18.10.1880), nötigte die Verantwortlichen zu einer sensiblen Gestaltung der Brücke. Zu den diesbezüglichen Überlegungen gehörte die Vorgabe, dass die Längsachse der Brücke genau auf die Hauptachse des Domes zulaufen sollte. Auch die damals üblichen Brückenportale wurden aufwändig von einem eigens engagierten Architekten gestaltet.

Am 3. Oktober 1859 wurde die Brücke eingeweiht. Offiziell erhielt sie den Namen "Dombrücke", doch im Volksmund wurde sie häufig auch "Feste Brücke" genannt, weil es ja vorher nur eine "fliegende Brücke" gegeben hatte. Dieser Name war auch durchaus angebracht, denn zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung war sie die einzige Rheinbrücke von Basel bis zur Mündung in Rotterdam. Dem rheinischen Humor entsprechend gab es aber noch einen weiteren Namen, der sich auf Grund ihres Aussehens in der Bevölkerung etablierte, nämlich "Mausefalle" oder auf gut Kölsch: "Muusfall".

Die vier Einzelfelder der Dombrücke hatten Spannweiten von jeweils 103 Metern, ihre Gesamtbreite betrug 16,73 m. Relativ einfach gestaltete sich die Fundamentierung der Brückenpfeiler, denn das Flussbett besteht aus einer mächtigen Kiesschicht, sodass die Pfeiler als Flachgründungen aus Beton hergestellt werden konnten. Obwohl die Brücke bei ihrer Vollendung technisch auf der Höhe ihrer Zeit war, fiel sie bereits 50 Jahre später der sprunghaften Entwicklung der Eisenbahn und dem gleichzeitigen Aufkommen der Automobile mit Benzinmotor zum Opfer.


Die Hohenzollernbrücke

Im Jahre 1894 wurde Kölns neuer Hauptbahnhof eingeweiht, was zu einer erheblichen Steigerung des Verkehrsaufkommens auf der Dombrücke führte. Kurz vor Beginn der Bauarbeiten an der neuen Brücke im Jahre 1909 fuhren täglich mehr als 400 Züge über die Dombrücke, die zudem in den vergangenen Jahrzehnten immer schwerer geworden waren. Die Erweiterung der Dombrücke auf die doppelte Kapazität war aber nur ein Teil des Gesamtkonzeptes, zu dem auch der Bau einer weiteren Eisenbahnbrücke (Südbrücke) knapp 3 km stromaufwärts gehörte.

Die Hohenzollernbrücke auf einer Postkarte um 1915

Die Bauarbeiten an der neuen Brücke dauerten von 1907 bis 1911. Bis zum April 1909 fuhren die Züge noch über die alte Dombrücke, dann konnte die neue Brücke den Verkehr übernehmen. Während des Baus wurde die neue Brücke weiterhin "Dombrücke" genannt, oder als Pendant zur Südbrücke häufig auch "Nordbrücke". Schon vor ihrer Vollendung wurde im September 1910 auf der Südseite der Brücke ein Reiterstandbild des damaligen Kaisers Wilhelm II enthüllt. Ein weiteres Reiterstandbild von Friedrich III wurde bis zur Einweihung am 22. Mai 1911 fertig gestellt. Außerdem blieben auch die Standbilder des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV u. Kaiser Wilhelm I erhalten, die bereits die Dombrücke geziert hatten. Da alle diese Regenten der Herrscherfamilie der Hohenzollern entstammten, ist es verständlich, dass die Brücke seit ihrer Fertigstellung "Hohenzollernbrücke" genannt wird (siehe auch "Fotos").

Die Südbrücke wurde übrigens 1910 fertig gestellt. Nur fünf Jahre später wurde mit der Deutzer Brücke auch Kölns erste reine Straßenbrücke über den Rhein in Betrieb genommen. Dabei handelte es sich um eine Hängebrücke, die nach ihrer Zerstörung im zweiten Weltkrieg als Hohlkastenträger wieder aufgebaut wurde.

Die Hohenzollernbrücke kann keineswegs als Erweiterung der Dombrücke angesehen werden, sondern war ein kompletter Neubau. Das begann schon mit der Anzahl der Pfeiler im Fluss, die von drei auf zwei reduziert wurde. Zur Erleichterung der Schifffahrt wurde die Spannweite des Hauptfeldes auf 168 m vergrößert. Die beiden Nebenfelder haben Spannweiten von 119 und 123 Metern. Als Tragwerkssystem wählte man zweigelenkige Fachwerkbögen mit Zugband, die sich bereits an anderer Stelle bewährt hatten. Für die vier geplanten Gleise waren zwei Brückenzüge erforderlich und ein dritter für den Straßenverkehr, sodass also von Anfang an drei parallel verlaufende Brückenzüge mit insgesamt neun Stahlbögen vorhanden waren. Man behielt aber das gestalterische Konzept der Dombrücke bei und ließ die Längsachse des Mittelträgers genau auf die Domachse zulaufen. Ein Nachteil dieses gestalterischen Details war der extrem kleine Kurvenradius, den die Züge beim Einfahren in den Kölner Hauptbahnhof seitdem durchfahren müssen.

Auch die Hohenzollernbrücke wurde dem damaligen Zeitgeschmack entsprechend umfangreich verziert. Dazu gehörten neben den schon erwähnten Reiterstandbildern auch aufwändig gestaltete Portale auf beiden Seiten der Brücke und passende Türmchen auf jedem Strompfeiler. Das alles wurde im damals populären neoromanischen Stil ausgeführt.

Nach ihrer Vollendung war die Hohenzollernbrücke schon bald eine der am stärksten frequentierten Brücken in Deutschland und Europa. Entsprechend hoch war auch ihre Bedeutung im zweiten Weltkrieg für den Nachschub und den Truppentransport. Trotzdem wurde sie von den Kriegsgegnern zunächst kaum beschädigt. Erst beim Rückzug der deutschen Truppen sprengte die Wehrmacht am 6. März 1945 die beiden Strompfeiler und brachte so den mittleren Bogen zum Einsturz.


Wiederaufbau nach dem Krieg

Nach Kriegsende waren alle Rheinbrücken von Basel bis zur Mündung zerstört. Die Hohenzollernbrücke gehörte zu den wichtigsten Bauwerken der am Boden liegenden Infrastruktur, die es so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen galt. Ein Notbauwerk, teilweise aus den geborgenen Stahlbögen bestehend, wurde bereits 1948 wieder in Betrieb genommen. Die großen mittleren Bögen waren jedoch nicht mehr verwendbar und wurden durch einen Gitterträger ersetzt. Auf die Straßenbrücke musste dabei ganz verzichtet werden, denn es gab vorerst nur Platz für zwei Eisenbahnspuren.

Spätestens mit Einsetzen des deutschen "Wirtschaftswunders" nahm der Eisenbahnverkehr jedoch derartig zu, dass die Kapazitäten der Behelfsbrücke schon bald erschöpft waren. Bereits Anfang der 1950'er Jahre wurden daher Pläne für eine Erweiterung der Brücke diskutiert, deren Ziel es vor allem war, die vor dem Krieg bestehenden vier Gleise wieder herzustellen. Die Einbeziehung des Straßenverkehrs war dabei allerdings kein Thema mehr, denn zu diesem Zeitpunkt gab es in Köln schon mehrere Straßenbrücken über den Rhein und mit der Severinsbrücke (Fertigstellung 1959) war bereits eine weitere in Planung.

Kein Zufall: Die Trasse des ältesten Brückenzuges (rechts)
zielt genau auf die Längsachse des Doms

Die Bauarbeiten begannen 1958 mit dem auf 37 m verbreiterten Neubau der beiden Strompfeiler, um Platz für den zweiten Brückenzug zu schaffen. Die neuen Tragwerke wurden optisch genau so gestaltet wie die noch verbliebenen Bögen aus dem Jahre 1911. Allerdings hatte sich in der Zwischenzeit die Schweißtechnik durchgesetzt und es wurde nur noch an wenigen Stellen genietet. Die beiden mittleren Fachwerkbögen wurden im freien Vorbau errichtet, wobei die vorgefertigten Bauteile mit Schiffen zum Einsatzort gebracht wurden. Die umfangreichen Bauarbeiten waren innerhalb eines Jahres abgeschlossen. Auf die Rekonstruktion der beschädigten Brückenverzierungen, die neoromanischen Portale und Türmchen wurde allerdings verzichtet. Später wurden diese "Verzierungen" sogar ganz abgetragen und lediglich die Reiterstandbilder blieben erhalten.


Der dritte Brückenzug wird wiederhergestellt

Eine letzte Erweiterung wurde 1985 erforderlich, denn die bestehenden vier Gleise reichten gerade aus, um den Fern- und Nahverkehr im Kölner Bahnhof abzuwickeln. Anfang der 80'er Jahre des 20. Jahrhunderts verfügte Köln aber bereits über ein umfangreiches U- und S-Bahnsystem, das nun auch über den Rhein bis nach Deutz erweitert werden sollte.

Durch diese Erweiterung um einen weiteren Brückenzug wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild der Brücke von 1911 -bis auf die Ausschmückungen- nahezu identisch wieder hergestellt. Allerdings wurde der Brückenzug für die S-Bahn auf der Nordseite ergänzt, während der historisch richtige Platz auf der Südseite gewesen wäre. Dadurch zielt heute nicht mehr der mittlere Brückenzug genau auf die Achse des Doms, sondern der stromaufwärts gelegene, südliche Träger.

Nach der 1990 abgeschlossenen Erweiterung um zwei S-Bahngleise und einen Rad-/Gehweg hat die Hohenzollernbrücke nun eine Gesamtbreite von knapp 33 m. Und obwohl die drei neuen Bögen wie ihre älteren Geschwister aussehen, repräsentieren sie doch wiederum einen weiterentwickelten Stand der Technik. Alle Stahlverbindungen sind nun geschweißt und es gibt nicht ein einziges Niet in den neuen Bögen. Insofern ist die Hohenzollernbrücke heute auch ein gutes Anschauungsobjekt für die verschiedenen Epochen des Stahlbaus.

Inzwischen gibt es im Stadtgebiet Kölns insgesamt sieben Brücken über den Rhein, darunter so bekannte Bauwerke wie die Autobahnbrücke Rodenkirchen oder die Severinsbrücke. Aber nichts macht die Silhouette Kölns so unverwechselbar wie das aus Hauptbahnhof, Dom und Hohenzollernbrücke bestehende Architekturensemble.

Quellen:
  • Peer Zietz: "Franz Heinrich Schwechten: ein Architekt zwischen Historismus und Moderne"
  • Hans Pottgießer: "Eisenbahnbrücken aus zwei Jahrhunderten"; Basel 1985
  • Rohn, A.: "Die Aufstellung neuerer eiserner Brücken", veröffentlicht in: Schweizerische Bauzeitung, Jahrgang 1911, Seite 366
  • Georg Mehrtens: "Der deutsche Brückenbau im XIX Jahrhundert"
  • Hermann Lohse: "Die Rhein-Brücke bei Cöln", Zeitschrift für Bauwesen (1863)
  • Kölner Stadtanzeiger vom 16.04.2011
  • Deutsche Bauzeitung, Jahrgang 1912, Seite 385
  • http://www.cologneweb.com/koeln-1.htm
  • https://structurae.de
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© Dipl.Ing. Bernd Nebel